Unterhaltsanspruch eines Kindes bei praktizierter „Doppelresidenz“ und unterschiedlichem Einkommen seiner Eltern
Erbringen beide Elternteile die Betreuungs- und Versorgungsleistungen sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch im Leistungsumfang in gleichwertiger Weise, steht dem Kind ein Restgeldunterhaltsanspruch gegen den leistungsfähigeren Elternteil zu, der den geringeren Lebensstandard beim anderen Elternteil ausgleicht.
Das Kind befindet sich in Obsorge beider Elternteile, die getrennt leben. Die Eltern praktizieren ein Betreuungsmodell, wonach sich die 13-jährige im gleichen zeitlichen Verhältnis bei beiden Elternteilen aufhält. Sie erbringen in gleichwertiger Weise Betreuungs- und Versorgungsleistungen gegenüber dem Kind. Der Vater erzielt ein weit überdurchschnittliches monatliches Nettoeinkommen (jedenfalls 6.310 EUR), das das Einkommen der Mutter um ein Mehrfaches übersteigt.
Der Vater begehrte die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind auf monatlich 100 EUR.
Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung auf monatlich 340 EUR herab. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rechtsmittel des Vaters teilweise Folge und setzte seine monatliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind mit 260 EUR fest.
Bei der Bedarfsdeckung im Wege der Naturalleistungen durch beide Elternteile ist im Fall von Einkommensdifferenzen zu beachten, dass das Kind lediglich in der Zeit, in der es sich in Betreuung des besser verdienenden Elternteils befindet, an dessen höherem Lebensstandard teilhaben kann. Hingegen ist ihm in der Zeit, in der es sich beim schlechter verdienenden Elternteil in Betreuung befindet, die Teilnahme am Lebensstandard des höher verdienenden (anders als bei zusammenlebenden Eltern) nicht möglich. In diesem Fall hat das Kind gegenüber dem Vater als besser verdienendem Elternteil einen dessen Betreuungsleistungen ergänzenden angemessenen Geldunterhaltsanspruch, der es ermöglichen soll, dass das Kind während der Zeit der Betreuung im Haushalt des schlechter verdienenden Elternteils (hier der Mutter) am Lebensstandard des anderen weiterhin teilnehmen kann, was ein maßstabsgerechter Vater, der mit der Mutter zusammenlebt, gewährleisten würde.