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Bieterabsprachen: Keine Doppelbestrafung im Kartellverfahren

 
 

Wurde wegen verbotener Absprachen in einem Vergabeverfahren ein Strafverfahren gegen einen Bieter mit Diversion beendet, verstößt das gegen diesen geführte Kartellverfahren nicht gegen das Doppelbestrafungsverbot, wenn dort nur mehr ein Wettbewerbsverstoß festgestellt werden soll.

Drei Teilnehmer an öffentlichen Ausschreibungen stimmten ihre Angebote untereinander ab, um einem von ihnen zum Auftrag zu verhelfen. Zwei Mitbieter gaben zu diesem Zweck jeweils Deckangebote ab, deren Preise über jenem des dritten Anbieters lagen, der zum Zug kommen sollte.

Gegen eine Mitbieterin wurde deshalb ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen verbotener Absprachen in einem Vergabeverfahren eingeleitet und durch Diversion in Form von gemeinnützigen Arbeiten beendet.

Gegen diese Anbieterin wird auch ein Kartellverfahren geführt. Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte zunächst die Verhängung einer Geldbuße, nach Beendigung des Strafverfahrens nur mehr die Feststellung des Wettbewerbsverstoßes.

Das Erstgericht wies den Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde zurück, weil auch die Feststellung eines Wettbewerbsverstoßes eine Sanktion darstelle, die gegen das Verbot der Doppelbestrafung nach der EMRK verstoße.

Der Oberste Gerichtshof teilte diese Rechtsansicht nicht und korrigierte die Entscheidung des Gerichts erster Instanz.

Das Doppelbestrafungsverbot der EMRK erlaube eine mehrfache Sanktionierung einer Tat, wenn die mehrfachen Sanktionen jeweils unterschiedliche Aspekte beträfen und – zusammengefasst – zu keiner übermäßigen Belastung des Betroffenen führten. Dies sei hier der Fall. Während das Strafrecht primär das Vermögen des Auftraggebers im Vergabeverfahren schütze, stehe im Kartellrecht der Schutz des Wettbewerbs als solcher im Vordergrund. Da das Strafverfahren nach Diversion durch Erbringung gemeinnütziger Arbeiten eingestellt und im Kartellverfahren nur mehr die Feststellung des Wettbewerbsverstoßes (und keine Geldbuße) angestrebt werde, seien die Sanktionen insgesamt auch nicht übermäßig belastend. Dem Erstgericht wurde daher aufgetragen, das Kartellverfahren gegen die Mitbieterin fortzusetzen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 18.10.2024, 08:10
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/bieterabsprachen-keine-doppelbestrafung-im-kartellverfahren/)

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