Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Zur Erschöpfung von Markenrechten

 
 

Rechtsprechungsänderung zur Beweislast zum erstmaligen Inverkehrbringen von Markenware außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) aufgrund eines jüngeren Erkenntnisses des EuGH.

Nach der Unionsmarkenverordnung endet die Wirkung einer Unionsmarke, sobald die mit der Marke gekennzeichnete Ware vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung in den Warenverkehr des EWR gebracht wurde.
In den beiden vom OGH zu beurteilenden Fällen behaupteten die klagenden Markeninhaberinnen, dass die Beklagten jeweils durch das Inverkehrbringen in Österreich der von den Klägerinnen im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems außerhalb des EWR auf den Markt gebrachten Markenprodukte in die klägerischen Markenrechte eingegriffen hätten und begehrten, die Beklagten zur Unterlassung zu verpflichten; im Übrigen begehrten sie die Urteilsveröffentlichung. Die Beklagten beriefen sich auf die Erschöpfung der klägerischen Markenrechte.
Die Vorinstanzen gaben den Klagen jeweils Folge. Es konnte nicht festgestellt werden, wo die Markenwaren erstmals in den Verkehr gebracht wurden. Nach bisheriger (auf Entscheidungen des EuGH basierender) Rechtsprechung hat im Fall des Einwands der Erschöpfung des Markenrechts der Beklagte zu beweisen, dass die betroffenen Waren vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung im EWR auf den Markt gebracht wurden. Stattdessen kann er auch beweisen, dass eine Abschottung des EWR droht, wenn er seine Bezugsquelle offenlegen müsste. Gelingt ihm dieser Beweis, hat sodann der Kläger zu beweisen, dass die betroffenen Waren erstmals außerhalb des EWR auf den Markt gebracht wurden. Die Vorinstanzen haben den Umstand der Nicht-Beweisbarkeit des Ortes des erstmaligen Inverkehrbringens auf Basis dieser Rechtsprechung zu Lasten der jeweiligen Beklagten ausgelegt.
Nun hat der EuGH jüngst in einem Fall (C-367/21, Hewlett Packard) entschieden, dass bei Vorliegen eines selektiven Vertriebssystems, in dessen Rahmen die mit den Marken versehenen Waren keine Kennzeichen aufweisen, die es Dritten ermöglichen würden, den Mark zu bestimmen, auf dem sie vertrieben werden sollen, wobei die Markeninhaberin die Preisgabe dieser Information ablehnt und die Lieferanten der Beklagten nicht dazu geneigt sind, ihre Bezugsquellen offenzulegen und der Beklagte von seinem Verkäufer die (glaubhafte) Zusicherung erhalten hat, dass diese im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften dort vertrieben werden dürfen, dem klagenden Markeninhaber der Beweis des erstmaligen Inverkehrbringens außerhalb des EWR aufzuerlegen sei, zumal hier die Gefahr einer Marktabschottung gegeben sei.
Dieser Sachverhalt liegt im Kern auch den beiden vom OGH zu beurteilenden Fällen zugrunde. Dies führte jeweils zur Klagsabweisung.

Link zum Volltext im RIS zu 4 Ob 233/23b

Link zum Volltext im RIS zu 4 Ob 56/24z

 
ogh.gv.at | 21.11.2024, 10:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zur-erschoepfung-von-markenrechten/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710