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Interessantes zur Verjährung bei überhöhten Zinsen eines Fremdwährungskredits und zur Wirkung einer insolvenzrechtlichen Forderungsfeststellung

 
 

Die für Annuitäten entwickelte Rechtsprechung zur Verjährung bei überhöhten Zahlungen gilt nicht bei variablen Kreditraten, wenn also der Darlehensvertrag die Erhöhung bzw Senkung der Raten entsprechend der Entwicklung des Zinssatzes vorsieht. Auch bei einer überhöhten Leistung von ausschließlichen Zinszahlungen im Fall eines endfälligen Kredits berühren überhöht verrechnete Zinsen die Kapitalstilgung nicht weiter. Die Verjährung beginnt hier vor der Tilgung aller Rückzahlungsansprüche des Darlehensgebers.

Die klagende Unternehmerin schloss mit der beklagten Bank 2006 und 2007 zwei Fremdwährungskredite über Schweizer Franken (CHF) mit Laufzeitende 31. 8. 2026 bzw 28. 2. 2027 ab. Es handelt sich dabei um endfällige Kredite, bei denen während der Laufzeit nur die Zinsen bezahlt werden und die gesamte Kreditsumme (erst) nach Ablauf der Laufzeit (mithilfe von Tilgungsträgern) zurückbezahlt wird. Über das Vermögen der Klägerin wurde am 9. 8. 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte stellte im Oktober 2018 daraufhin die bis zu diesem Zeitpunkt offenen Forderungen aus dem Kreditverhältnis („Saldo … inkl Zinsen und Spesen“) fällig und meldete am 25. 10. 2018 nach Vornahme einer Konvertierung im Insolvenzverfahren eine Gesamtforderung von (insg) 851.135,15 EUR (unstrittig: beinhaltend auch Zinsen) als unbedingte Forderung aus dem Saldo der Verträge mit der Geltendmachung von Absonderungsrechten an. Durch Rückkauf der Tilgungsträger (Lebensversicherungen) flossen der Beklagten spätestens am 3. 4. 2019 daraus 421.260,01 EUR zu, weshalb die Beklagte ihre Forderung im Insolvenzverfahren auf 429.875,14 EUR einschränkte. Diese (eingeschränkte) Forderung wurde vom Insolvenzverwalter anerkannt und weder von der Klägerin noch von anderen Gläubigern bestritten. Es ist unstrittig, dass in weiterer Folge sämtliche offene Kreditverbindlichkeiten schließlich durch Umschuldung am 27. 8. 2019 erfüllt wurden.

Mit ihrer am 24. 8. 2019 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung von vereinbarungswidrig überhöht verrechneten Kreditzinsen für den Zeitraum „Quartal 1 2009 bis einschließlich Oktober 2018“ im Betrag von 171.573,05 CHF samt Zinsen seit 31. 3. 2008. Es bestehe ein bereicherungs- bzw schadenersatzrechtlicher Rückforderungsanspruch, weil die Kreditzinsen von der Beklagten nicht wie vereinbart, sondern überhöht bzw nicht nachvollziehbar vorgeschrieben worden seien. Bei den Zinsanpassungsklauseln habe die Beklagte auch gegen § 864a ABGB und § 879 Abs 3 ABGB verstoßen.

Die Klage wurde von allen drei Instanzen abgewiesen. Während das Erstgericht von Verjährung ausging, das Berufungsgericht den Standpunkt vertrat, dass bereits die Bindungswirkung der Forderungsfeststellung im Insolvenzverfahren eine Rückforderung einer Überzahlung aus diesen Kreditverhältnissen zur Gänze verhindere, kombinierte der Oberste Gerichtshof beide Aspekte.

Den Rückforderungsansprüchen der Klägerin steht nach Ansicht des OGH keine Bindungswirkung hinsichtlich der Vorfrage entgegen, ob der Beklagten ein Anspruch auf die im Zeitpunkt der Forderungsfeststellung bereits gezahlten Beträge zustand. Nur hinsichtlich jener im Insolvenzverfahren allenfalls noch offen gewesenen Kreditzinsforderungen der Beklagten, die auch von der Forderungsfeststellung über 429.875,14 EUR umfasst (und später bezahlt) wurden, ist die Bindungswirkung zu bejahen. Insoweit in diesem Betrag (damals) noch offene Kreditzinsforderungen der Beklagten enthalten waren, stünde die Bindungswirkung der Forderungsfeststellung den insoweit geltend gemachten Bereicherungs- und Schadenersatzansprüchen entgegen.

Im Übrigen ist die Klage verjährt. Die Klägerin hat aufgrund der endfälligen Kreditbeträge (zunächst) ausschließlich Zinszahlungen zu leisten gehabt. Die allenfalls überhöhten Zinsen berühren damit die Kapitalstilgung nicht weiter. Die Zinszahlungen beglichen nur die (behauptetermaßen überhöhten) Zinsforderungen der jeweiligen Zeiträume.

Die für Annuitäten (= konstante Rückzahlungsbeträge bei einem Tilgungsdarlehen) entwickelte Rechtsprechung zur Verjährung von bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen, wonach die Verjährung hier nicht vor der Tilgung aller Rückzahlungsansprüche des Darlehensgebers, sondern erst ab „Überzahlung“ beginnt, ist hier nicht einschlägig. Im gegenständlichen Fall waren die allenfalls überhöhten Zinszahlungen jedenfalls nicht einer bestehenden (Kapital-)Forderung gewidmet; damit liegt insoweit eine Zahlung einer Nichtschuld iSd § 1431 ABGB vor, ungeachtet dessen, dass dem beklagten Darlehensgeber zum damaligen Zeitpunkt eine andere noch nicht fällige Forderung gegen die klagende Darlehensnehmerin zustand. Damit liegen hinsichtlich der behaupteten Überzahlungen bei den Zinsen tatsächlich eigenständige Ansprüche der Klägerin vor. In einem solchen Fall (also bei Fälligkeit nur der Zinsen während der Darlehenslaufzeit) tritt die Verjährung bereits bei Überzahlung jenes Anteils ein, der auf die variablen Zinsen fällt. Bei den in Rede stehenden bereicherungsrechtlichen Ansprüchen der Klägerin ist für den Beginn der Verjährungsfrist daher mit der Zahlung der jeweils (angeblich) überhöhten Zinsbeträge anzusetzen.

Zusammengefasst ist damit davon auszugehen, dass die Rückforderungsansprüche jedenfalls scheitern müssen, weil diese entweder verjährt oder von der Bindungswirkung der Forderungsfeststellung umfasst sind.

Link zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 23.12.2024, 00:12
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/interessantes-zur-verjaehrung-bei-ueberhoehten-zinsen-eines-fremdwaehrungskredits-und-zur-wirkung-einer-insolvenzrechtlichen-forderungsfeststellung/)

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