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Haftungsfalle Fernseher im Vereinslokal?

 
 

Klarstellung, unter welchen Voraussetzungen ein Verein für die unberechtigte Wiedergabe von Pay-TV-Sendungen in seinem Vereinslokal einzustehen hat

Die Klägerin ist eine Pay-TV-Anbieterin, der Beklagte ein örtlicher Sportverein. Ein „verdeckter“ Kontrollor der Klägerin stellte fest, dass bei einem geselligen Zusammensein mehrerer Personen im Vereinslokal des Beklagten auf einem Fernseher die Live-Übertragung eines Fußballmatches lief, an der der Klägerin ausschließliche Rechte zustanden, ohne dass der Beklagte über einen Abonnementvertrag verfügte. Daraufhin verlangte die Klägerin 3.720 EUR an angemessenem Entgelt und Schadenersatz, die Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen sowie die Urteilsveröffentlichung in einem regionalen Printmedium.
Die Vorinstanzen wiesen einen Sicherungsantrag im Provisorialverfahren ab und der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung.
Dabei ließ er offen, ob es sich bei der Darbietung um eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne des Urheberrechts handelte. Im konkreten, an den Sportplatz angeschlossenen Vereinslokal gibt es zwar keine Ausschank, und es wird in der Regel nur von Vereinsmitgliedern genutzt, es ist aber auch nicht als „privat“ oä gekennzeichnet; vereinsfremden Personen ist der Zutritt sowie auch der Zugang zum Getränkeautomaten grundsätzlich möglich.
Auch wenn es sich um eine „öffentliche Wiedergabe“ gehandelt haben sollte, muss der beklagte Verein in der konkreten Konstellation nicht für einen allfälligen Eingriff in Rechte der Klägerin einstehen.
Der Beklagte haftet als juristische Person primär für tatbestandsmäßige Handlungen seiner Vereinsorgane, die an dem Vorfall aber nicht beteiligt waren. Der anwesende Platzwart des Sportplatzes war kein haftungsrechtlicher „Repräsentant“ des Vereins. Schließlich kann auch das „einfache“ Vereinsmitglied, das an dem Abend seinen privaten Laptop an den Vereinsfernseher angeschlossen und mit seinem Privatabo das Fußballmatch übertragen hat, dem Beklagten nicht ohne weiteres als „Bediensteter oder Beauftragter“ iSd § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG zugerechnet werden. Zweck dieser Unternehmerhaftung ist es nämlich, dem Unternehmensinhaber zum Ausgleich für den nutzbringenden Einsatz von Hilfspersonen das damit verbundene Risiko aufzubürden. Hier ist das Vereinsmitglied aber nicht dafür eingesetzt (oder auch nur berechtigt worden), Pay-TV-Matches zu übertragen, etwa um die Attraktivität des Vereinslokals zu steigern, sondern es handelte sich um einen eigenmächtigen Freundschaftsdienst gegenüber den anderen anwesenden Vereinsmitgliedern.
Denkbar wäre zwar eine Haftung des Vereins durch einen Beitrag zum Verstoß, weil im Vereinslokal ein allgemein zugänglicher Fernseher montiert wurde, ohne dass die Organe Nutzungsregeln erlassen oder sonstige Maßnahmen ergriffen hätten. Eine Qualifikation als „Gehilfe“ setzt aber eine bewusste Förderung, also eine Kenntnis des haftungsbegründenden Sachverhalts, oder zumindest die Verletzung einer Prüfpflicht voraus. Auch eine solche war im Anlassfall zu verneinen, weil die Vereinsorgane nach dem bescheinigten Sachverhalt bis dahin keine Anhaltspunkte für die Nutzung des (primär für die Wiedergabe von Trainingsvideos bereitgestellten) Fernsehers für rechtsverletzende Aufführungen haben mussten.

Link zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 22.02.2025, 09:02
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/haftungsfalle-fernseher-im-vereinslokal/)

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