Golden Handshake für zwei Vorstandsmitglieder
Kein Schadenersatzanspruch der AG, außer bei eklatanter Unangemessenheit.
Die klagende Partei, eine börsennotierte AG, machte gegen drei ehemalige Aufsichtsratsmitglieder und zwei frühere Vorstandsmitglieder Schadenersatzansprüche geltend, weil der Aufsichtsrat den beiden Vorstandsmitgliedern, deren Verträge noch acht Monate gelaufen wären, neben der Entlohnung für die restliche Vertragslaufzeit Abfertigungszahlungen von 573.000 Euro bzw 625.000 Euro gewährt hatte (sogenannter Golden Handshake).
Dieses Vorgehen der beklagten Aufsichtsratsmitglieder erfolgte in der Annahme, damit einem dringenden Unternehmensinteresse zu dienen. Die beiden Vorstände waren aufgrund einer Studie einer Wirtschaftsprüfungskanzlei, der aber – wie sich herausstellte – nur unzureichende Unterlagen zugrunde lagen, suspendiert worden, was gemäß § 82 Abs 6 BörseG unverzüglich zu veröffentlichen gewesen wäre. Bei Bekanntwerden der internen Querelen wurden negative Einflüsse auf den Aktienkurs und die Kreditwürdigkeit des Unternehmens befürchtet.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die eine Haftung der beklagten Aufsichtsräte und Vorstände verneinende Entscheidung des Berufungsgerichts und erachtete die Ansicht der beklagten Aufsichtsratmitglieder, im Unternehmensinteresse sei die Veröffentlichung der Suspendierung zu vermeiden gewesen, für vertretbar. Den beklagten Aufsichtsräten sei daher – wegen der Veröffentlichungspflicht: unter hohem Zeitdruck – nur die Möglichkeit geblieben, eine einvernehmliche Beendigung der Vorstandsverträge zu erreichen, was letztlich die freiwilligen Abfertigungszahlungen notwendig gemacht habe. Diese Entscheidung sei vom Aufsichtsrat ohne Einberufung der Hauptversammlung zu treffen gewesen, weil deren Anberaumung zumindest drei Wochen in Anspruch genommen hätte.
Der Ermessensspielraum des Aufsichtsrates betreffend die Höhe der Abfindungszahlungen, mit denen die gütliche Lösung „erkauft“ wurde, werde durch § 78 AktG bestimmt. Die Entscheidungsfindung, bei der es auf die spezifischen Umstände des vorliegenden Falls angekommen sei, habe eine unternehmerische Entscheidung dargestellt, die sich – unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und des öffentlichen Interesses – primär am Unternehmenswohl zu orientieren gehabt habe. Seien die Abfindungszahlungen nicht eklatant unangemessen, sei auch ein Verstoß der beklagten Vorstandsmitglieder gegen die von ihnen gegenüber der Klägerin zu erfüllende Treuepflicht zu verneinen.