Zinsgleitklauseln – Aufschlag („Marge“) bleibt der Bank nicht erhalten
Eine Klausel in einem Verbraucherkreditvertag, nach der sich der Zinssatz aus einem variablen Indikator und einem Aufschlag zusammensetzt, kann dazu führen, dass der Verbraucher wegen Negativentwicklung des Indikators keine Zinsen zahlen muss. Dies gilt dann, wenn die Summe aus negativem Indikator und Aufschlag 0 ergibt. Eine Begrenzung der Reduktion des Indikators mit Null, sodass der Verbraucher jedenfalls den vereinbarten Aufschlag als Zinsen zu zahlen hat, verstößt gegen § 6 Abs 2 Z 5 KSchG. Die Bank muss dem Kreditnehmer aus diesem Grund aber keine Zahlungen („Negativzinsen“) leisten.
Die beklagte Bank verwendete in ihren Kreditverträgen mit Verbrauchern vorformulierte Zinsgleitklauseln, in denen festgelegt war, dass sich der Zinssatz für die jeweilige Zinsperiode aus einem variablen, von der Bank nicht beeinflussbaren Faktor (LIBOR, EURIBOR) und einem fixen Aufschlag zusammensetzt. Als der veränderliche Indikator (für die Vertragsteile unerwartet) unter 0 fiel, informierte die Beklagte ihre Kunden (in Mitteilungen auf Kontoauszügen sowie in einem Schreiben) davon, dass sie ihnen aufgrund dieser Entwicklung (bei einem negativen Indikator) den Aufschlag als Zinsen verrechne. Der klagende Verband begehrte, die Beklagte zur Unterlassung dieser Vorgangsweise zu verpflichten. Die Beklagte bestritt die Legitimation zur Verbandsklage und wendete ein, redliche Parteien hätten jedenfalls eine Zinszahlung des Kreditnehmers vereinbart.
Die Vorinstanzen gaben dem Unterlassungsbegehren teilweise (bis zu einer Summe des Zinssatzes von insgesamt 0,0 %) statt und wiesen das Mehrbegehren (auf Berücksichtigung negativer Indikatoren soweit, dass es zu einer Zahlungspflicht der Bank kommen kann) ab.
Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Parteien erhobenen Revisionen dagegen nicht Folge und führte im Wesentlichen aus:
Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus § 28a KSchG: Der Unterlassungsanspruch bezieht sich auf Mitteilungen an zahlreiche Verbraucher-Kreditnehmer, die nach Ansicht des Klägers gesetzliche Verbote verletzen; damit ist ein unmittelbar bevorstehender Eingriff in die Rechtssphäre der Kreditnehmer hinreichend behauptet und die Voraussetzungen für eine inhaltliche Prüfung sind erfüllt.
Eine Negativentwicklung des Referenzzinssatzes (Indikators) kann nicht dazu führen, dass der Kreditgeber zur Zinszahlung an den Kreditnehmer verpflichtet ist. Dies hat der OGH bereits in den Entscheidungen 10 Ob 13/17k und 1 Ob 4/17w ausgesprochen und näher begründet.
Die Frage, ob der Kreditnehmer trotz negativer Entwicklung des Indikators jedenfalls den vereinbarten Aufschlag zu zahlen hat, ist zu verneinen (so schon 4 Ob 60/17b). § 6 Abs 1 Z 5 KSchG steht einer Auslegung der Zinsgleitklausel dahin entgegen, dass der Indikator einseitig mit Null angesetzt wird, weil damit nur eine Untergrenze festgesetzt wird, während eine Obergrenze fehlt. Nach dem Zweck des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG hat bei Zinsgleitklauseln eine Entgeltsenkung im gleichen Ausmaß und in der gleichen zeitlichen Umsetzung wie eine Entgeltsteigerung zu erfolgen, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Das Entgelt, das die Bank für die Überlassung des Kapitals erhält, besteht aus den gesamten vereinbarten Zinsen, den vereinbarten Aufschlag eingeschlossen. Eine einseitige Begrenzung der Zinsgleitklauseln nach unten, durch die für die Beklagte eine Zinszahlung in Höhe des vereinbarten Aufschlags erhalten bliebe, ohne eine gleichzeitige Begrenzung nach oben, ist daher nicht zulässig.
Der Hinweis der Beklagten auf mögliche wirtschaftliche Schwierigkeiten der Kreditinstitute muss erfolglos bleiben. Eine einseitige Begrenzung der möglichen Entwicklung nur zugunsten des Unternehmers wäre mit § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht vereinbar.