Teilkündigung nach Mietvertragseintritt aufgrund der großen Wohnfläche
Die Beurteilung des für die Teilkündigung erforderlichen krassen Missverhältnisses ist nicht abstrakt anhand des dringenden Wohnbedürfnisses einer bestimmten eintrittsberechtigten „Normperson“ zu beurteilen, sondern aufgrund der konkreten Situation und der Nutzung durch den Eintretenden und seine bei ihm wohnenden Angehörigen.
Der beklagte Mieter ist in den Hauptmietvertrag seiner verstorbenen Ehefrau eingetreten. Er lebt alleine in der 162 m² großen Wohnung und benützt alle Räumlichkeiten ständig, wie er dies auch gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau tat. Sämtliche Zimmer sind mit vielen Möbelstücken voll möbliert; in keinem der Räume besteht eine Möglichkeit, weitere Einrichtungsgegenstände – sinnvoll – unterzubringen. Die Wohnung ist überreich mit Ziergegenständen, Bildern, Vasen etc ausgestattet und in sehr gepflegtem Zustand. Die Kästen, Laden, Regale und Stellagen sind allesamt bis zum Rand gefüllt. Der Beklagte besitzt einige Wertgegenstände und viele Sammlerstücke, darunter insbesondere eine Vielzahl an Porzellan‑ und Glasantiquitäten, antike Möbelstücke, Bilder etc.
Die klagende Vermieterin kündigte den Mietvertrag in Bezug auf bestimmte Teilflächen der Wohnung auf.
Die Vorinstanzen erkannte die Aufkündigung in Ansehung eines bestimmten Teils der Wohnung für rechtswirksam und verhielten den Mieter zur Übergabe dieses Wohnungsteils.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rechtsmittel des Mieters Folge, hob die Aufkündigung auch insofern auf und wies das Räumungsbegehren insgesamt ab.
Der Mieter hatte bereits vor seinem Eintritt in das Mietverhältnis als Hauptmieter mit seiner verstorbenen Ehefrau die großzügig bemessene Wohnung in vollem Umfang bewohnt. Auch nach ihrem Ableben nützt er als Alleinstehender weiterhin sämtliche Räumlichkeiten der 4 ½‑Zimmer‑Wohnung. Sein dringendes Wohnbedürfnis besteht an der gesamten Wohnung, kann er doch auch seine Einrichtungsgegenstände, das Inventar und die Wertgegenstände nicht in einer kleineren Wohnung unterbringen, sodass das von der Judikatur geforderte krasse Missverhältnis nicht vorliegt. Ob ein alleinstehender Eintretender im „Normalfall“ die Wohnung im selben Umfang wie der Beklagte nützen würde, ist für das Vorliegen des – nach den konkreten Umständen zu beurteilenden – dringenden Wohnbedürfnisses nicht maßgebend.