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Befristete Verlängerung einer „Gewaltschutz-EV“ über das Scheidungsverfahren hinaus

 
 

Zur Herstellung des Gleichklangs mit einer einstweiligen Verfügung (EV) nach § 382b EO und/oder § 382e EO ohne Klage ist auch bei einer mit der Entscheidung in der Hauptsache befristeten EV eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus zulässig, wenn und soweit nach einem Verlängerungsantrag die Voraussetzungen für die Verlängerung einer ohne Klage gewährten EV auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch vorliegen.

In einem solchen Fall kann die Verlängerung im zeitlichen Gleichlauf mit einer solchen „Gewaltschutz-EV“ ohne Klage bis zu dem kalendermäßig bestimmten Termin verlängert werden, der sich aus § 382b Abs 2 EO bzw aus § 382e Abs 2 EO ergibt, auch wenn das Hauptverfahren vor diesen Zeitpunkten enden sollte.

Aufgrund eines mit einer Ehescheidungsklage verbundenen Sicherungsantrags der Ehefrau erließ das Erstgericht eine bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Ehescheidungsverfahren befristete  „Gewaltschutz-EV“, mit der es dem beklagten Ehemann die Rückkehr in die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung verbot (§ 382b EO) und ihm auftrug, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der Ehefrau zu vermeiden (§ 382e EO).

Nachdem das Scheidungsurteil erster Instanz ergangen war, beantragte die Frau, die Wirksamkeit der EV auf die Dauer von drei Monaten ab Rechtskraft des Scheidungsurteils, und, sofern innerhalb dieser Dreimonatsfrist ein Aufteilungsverfahren nach § 81 EheG eingeleitet wird, bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung zu verlängern.

Die Vorinstanzen wiesen den Verlängerungsantrag ab.

Der zuständige Fachsenat des Obersten Gerichtshofs gab dem Rechtsmittel der Frau teilweise Folge und ergänzte die EV dahin, dass das Verbot nach § 382b EO jedenfalls bis zu einem Zeitpunkt sechs Monate nach Erlassung der EV und der Auftrag nach § 382e EO jedenfalls bis zu einem Zeitpunkt ein Jahr nach erstmaliger Erlassung der EV gilt.

Wenn bei einer – wie hier – gleichzeitig mit der Klage beantragten „Gewaltschutz-EV“ bis zur Entscheidung in der Hauptsache auch die Voraussetzungen für eine EV vorliegen, die ohne Klage für sechs Monate bzw ein Jahr zu gewähren bzw zu verlängern wäre, so stellt es einen Wertungswiderspruch dar, der gefährdeten Person die Verlängerung über die Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache hinaus zu versagen. Während die gefährdete Person ohne Klage lückenlosen Schutz genießt, ist sie, wenn sie auch in der Hauptsache gegen ihren Gegner vorgeht, einer Rechtsschutzlücke ausgesetzt und insofern schlechter gestellt, als nach Zeitablauf der Verfügung ein Neuantrag erforderlich ist und bis zu dessen Bewilligung kein Schutz besteht. Wenn gegen Ende des Hauptverfahrens an sich die Voraussetzungen für eine bis zu einem späteren Zeitpunkt befristete Gewährung (oder Verlängerung, weil der Gegner verbotswidrig handelt) ohne „Hauptverfahren“ erfüllt wären, so kann eine „Gewaltschutz-EV“ auch über das früher eintretende Ende des Hauptverfahrens hinaus verlängert werden.

Nicht in Betracht kommt hingegen die Verlängerung um eine bestimmte Frist nach dem – zeitlich ungewissen – Eintritt der Rechtskraft und eine solche bis zur Beendigung eines noch nicht anhängigen Hauptverfahrens.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 15:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/befristete-verlaengerung-einer-gewaltschutz-ev-ueber-das-scheidungsverfahren-hinaus/)

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