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Rückforderung einer Enteignungsentschädigung durch die Republik Slowenien

 
 

Die Aufhebungsentscheidung des slowenischen Höchstgerichts betreffend die Zuerkennung einer Enteignungsentschädigung samt Rückforderung des Entschädigungsbetrags aus dem Titel der Bereicherung widerspricht nicht dem österreichischen ordre public.

Die Rechtsvorgänger der Beklagten waren bis 1945 Eigentümer einer Weberei in Slowenien (damals Teilgebiet von Jugoslawien). Im Jahr 1945 wurde mit Strafurteil des Kriegsgerichts Ljubljana sowie mit Bescheid eines Konfiskationsausschusses auf Grundlage des sogenannten AVNOJ-Erlasses das Vermögen dieser Rechtsvorgänger beschlagnahmt und verstaatlicht.

Die Beklagten stellten 1993 bei einer slowenischen Verwaltungsbehörde einen Antrag auf Entnationalisierung des Vermögens gemäß dem Entnationalisierungsgesetz; beim Kreisgericht Ljubljana stellten sie einen Antrag auf Änderung des Strafurteils des Kriegsgerichts. Letzterem Antrag wurde 1995 stattgegeben und das Urteil des Kriegsgerichts wurde aufgehoben. Die Verwaltungsbehörde verwies die Beklagten hinsichtlich der Rückübergabe des beschlagnahmten Vermögens auf das gerichtliche Verfahren. Das zuständige slowenische Bezirksgericht gab 2002 dem Antrag der Beklagten auf Vermögensrückgabe statt. Nach der Bestätigung dieser Entscheidung durch das Gericht zweiter Instanz erbrachte die Republik Slowenien die geschuldete Leistung an die Beklagten.

Im Jahr 2004 hob der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung die Beschlüsse der ersten und zweiten Instanz über die Entschädigung auf und entschied in einem weiteren Rechtsgang, dass über den Anspruch auf Rückgabe des Vermögens Verwaltungsorgane und nicht das Gericht entscheiden müssten.

Die Republik Slowenien (Klägerin) forderte daher von den Beklagten die Rückerstattung der Entschädigung, soweit sie nicht gutgläubig verbraucht wurde. Der Rechtsgrund der von ihr erbrachten Entschädigungsleistung sei durch den Aufhebungsbeschluss des slowenischen Obersten Gerichtshofs nachträglich weggefallen.

Die Beklagten wendeten ein, die Aufhebungsentscheidung des slowenischen Höchstgerichts widerspreche dem österreichischen ordre public, weshalb sie nicht anzuerkennen sei. Die Vorgangsweise der slowenischen Gerichte führe nämlich im Ergebnis zu einer entschädigungslosen Enteignung der Rechtsvorgänger der Beklagten.

Die Vorinstanzen gaben dem Rückforderungsbegehren der Klägerin insoweit Folge, als die Beklagten die empfangenen Werte nicht gutgläubig verbraucht hatten.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung. Er prüfte die Tatbestandswirkungen des slowenischen Urteils im Fall der Bereicherungsklage. Die „Anerkennung“ der Tatbestandswirkung eines Urteils richtet sich nach dem anwendbaren Sachrecht; das ist hier slowenisches Recht. Dieses gewährt einen Bereicherungsanspruch bei Wegfall der Grundlage der Leistung.

Die Argumente der Beklagten, die slowenische Entscheidung bedeute eine grundrechtswidrige, entschädigungslose Enteignung, teilte der Oberste Gerichtshof nicht, zumal die Beklagten durch die ausländische Entscheidung weder enteignet wurden, noch ihr Anspruch auf Entschädigung verneint wurde. Es handelt sich vielmehr um eine Unzuständigkeitsentscheidung. Dass die Klägerin die Entschädigung zurückfordert, obwohl Ansprüche der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch nicht abschließend geprüft wurden und das Ergebnis dieses Verfahrens zu einem (neuerlichen) Zahlungsanspruch der Beklagten führen könnte, verletzt weder den ordre public, noch ist es offenkundig rechtsmissbräuchlich.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 15:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/rueckforderung-einer-enteignungsentschaedigung-durch-die-republik-slowenien/)

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