Neue Rechtsprechung zum Kindesunterhalt: Die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt ausschließlich durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag
Mit der Einführung des „Familienbonus Plus“ hat der (Steuer-)Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich zulässige pauschalierende Regelung zur steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen getroffen. Eine Anrechnung von Transferleistungen findet im Rahmen der Unterhaltsbemessung nicht mehr statt; die steuerliche Entlastung erfolgt ausschließlich durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag.
Das 14‑jährige Kind wird im Haushalt der Mutter betreut. Der geldunterhaltspflichtige Vater war bisher aufgrund der vor dem Kinder- und Jugendhilfeträger geschlossenen Vereinbarung zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 306 EUR verpflichtet.
Mit dem zugrunde liegenden Antrag begehrte das Kind, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 1. 2019 auf monatlich 440 EUR zu erhöhen. Das monatliche Arbeitseinkommen des Vaters betrage 2.120 EUR. Dazu sei der halbe Familienbonus Plus in Höhe von monatlich 62,50 EUR hinzuzurechnen, weil es sich dabei um eine Steuerersparnis handle, die das Nettoeinkommen erhöhe. Die Bemessungsgrundlage betrage daher 2.180 EUR.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, zusätzlich zu der ihm bisher auferlegten Unterhaltsleistung von monatlich 306 EUR ab 1. 1. 2019 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbeitrag von 119 EUR, insgesamt daher monatlich 425 EUR zu leisten; das Mehrbegehren wies es ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Vorinstanzen bezogen den Familienbonus Plus nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage ein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rechtsmittel des Kindes keine Folge und führte aus:
Das Verfahren betrifft die Frage, wie sich der – durch das Jahressteuergesetz 2018, BGBl I 2018/62, in § 33 Abs 3a EStG neu eingeführte und erstmals für das Kalenderjahr 2019 zustehende – Familienbonus Plus auf die Bemessung des Kindesunterhalts auswirkt und ob die bisher in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs gebräuchliche formelhafte Berechnungsmethode zur steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen durch die Anrechnung von Transferleistungen dadurch eine Änderung erfährt. Diese Frage ist – unter Zugrundelegung der Zielrichtung der neuen steuergesetzlichen Maßnahme und unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen – wie folgt zu beantworten:
Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.
Diese Grundsätze gelten jedenfalls für die Unterhaltsbemessung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs. Die Frage, ob diese Rechtsprechung auch für ältere Kinder gilt, bleibt ausdrücklich unbeantwortet.