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Scheidungsergänzungsklage – anwendbares Recht

 
 

Für eine Klage auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils durch einen Verschuldensausspruch ist das anzuwendenden Sachrecht nicht nach Art 8 Rom III-VO, sondern nach dem HUP 2007 zu bestimmen.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass den Beklagten das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der mit rechtskräftigem Urteil des belgischen Gerichts in Brüssel geschiedenen Ehe treffe. Der Beklagte wendete (ua) ein, das belgische Scheidungsurteil könne nicht durch einen Verschuldensausspruch ergänzt werden.

Das Erstgericht wies die Klage (wegen gleichteiligen Verschuldens) ab. Das Berufungsgericht änderte dahin ab, dass es das überwiegende Verschulden des Beklagten aussprach.

Der Oberste Gerichtshof gab der außerordentlichen Revision Folge und führte zusammengefasst aus:

Mit der (auch in der Revision aufgeworfenen) Frage der Anwendbarkeit österreichischen Sachrechts auf eine Ergänzungsklage nach § 61 Abs 3 EheG hatte sich der Oberste Gerichtshof noch nicht inhaltlich zu befassen. Eine solche Klage hat zwar die Frage des Verschuldens zum Gegenstand, ihr Rechtsschutzanspruch verfolgt aber den Zweck, diese Frage im Hinblick auf die unterhaltsrechtlichen Konsequenzen zu klären. Ein Bedarf für eine Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils durch einen Verschuldensausspruch besteht daher nur, wenn der nacheheliche Unterhalt einem Sachrecht unterliegt, das Unterhaltsansprüche mit einem Verschulden an der Zerrüttung der Ehe verknüpft.

Art 1 Abs 2 lit g Rom III-VO nimmt ausdrücklich sämtliche Verfahren, die Unterhaltspflichten zum Regelungsgegenstand haben, aus ihrem Anwendungsbereich aus. Wenngleich daher die Ergänzungsklage das Scheidungsverfahren im Bezug auf die Verschuldensfrage ergänzt, ist doch ihre einzige Zielrichtung die einer gesonderten Entscheidung über eine für die Unterhaltsansprüche bedeutsame (Vor-)Frage. Daher ist das anzuwendende Sachrecht nach dem HUP 2007 zu bestimmen.

Nach Art 3 Abs 1 HUP ist grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Ausnahme davon gilt, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet und behauptet und nachweist, dass eine „engere Verbindung der Ehe zu einem anderen Staat“ besteht. Da dies hier mit den Parteien noch nicht erörtert wurde, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung aufzuheben.

Die Veröffentlichung im RIS folgt in Kürze.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 14:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/scheidungsergaenzungsklage-anwendbares-recht/)

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