Anspruch auf Ersatz des im unfallbedingten Entfall von Pflegeleistungen des Geschädigten für dessen pflegebedürftige, nicht haushaltszugehörige Eltern gelegenen Schadens
Der Oberste Gerichtshof erkennt einem Unfallgeschädigten Schadenersatz für jenen fiktiven Pflegeaufwand zu, den er infolge der Unfallfolgen seinen pflegebedürftigen Eltern vorübergehend nicht erbringen konnte. Es handelt sich um einen Erwerbsschaden des Geschädigten, dessen Ersatzfähigkeit in der lebenslangen Beistandspflicht der Kinder gegenüber ihren Eltern eine gesetzliche Grundlage hat.
Der bei einem Verkehrsunfall schuldlos verletzte Kläger hatte seinen 90- und 86-jährigen, pflegebedürftigen Eltern, die nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, vor dem Unfall im Durchschnitt 1,5 Stunden täglich diverse Betreuungsleistungen erbracht, was er als seine sittliche Pflicht ansah. Da er diese Leistungen aufgrund der Unfallfolgen vorübergehend nicht erbringen konnte, begehrte er hiefür Schadenersatz.
Das Erstgericht sah darin einen nicht ersatzfähigen mittelbaren Schaden der Eltern und wies dieses Begehren ab. Das Berufungsgericht gab ihm hingegen statt. Es liege ein ersatzfähiger Erwerbsschaden des Klägers vor.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.
Er stellte zunächst klar, dass es sich bei dem geltend gemachten Schaden um keinen Drittschaden handelt, weil der im Verlust der Arbeitskraft bestehende Primärschaden ausschließlich beim Kläger eingetreten ist. Die vom Kläger – auch vor dem Hintergrund einer vor dem Unfall erfolgten Übergabe von Liegenschaften – angenommene „sittliche Verpflichtung“ bildet einen hinreichenden Grund für den Zuspruch eines Erwerbsschadens, zumal die in dem eng umgrenzten familienrechtlichen Verhältnis zwischen Eltern und Kindern grundsätzlich bestehende Beistandspflicht der Gefahr der Uferlosigkeit von Schadenersatzverpflichtungen entgegen steht.
Der Umstand, dass die Eltern nicht im gemeinsam Haushalt mit dem Kläger leben, ändert daran nichts, liegt doch die Bejahung des Anspruchs in dieser Konstellation sogar näher als im Fall einer bloßen Haushaltsgemeinschaft ohne eine auch familienrechtlich anerkannte Nahebeziehung, in dem der Oberste Gerichtshof einen vergleichbaren Anspruch bereits zuerkannt hat.