Abgrenzung der EKHG-Haftung zwischen abschleppendem und abgeschlepptem Fahrzeug
Der Kläger wurde von einer Bekannten um Starthilfe für ihr Fahrzeug gebeten. Er schleppte ihr Fahrzeug mit seinem eigenen PKW ab. Nachdem der Motor des abgeschleppten Fahrzeugs angesprungen war, brachte der Kläger sein Fahrzeug am linken Fahrbahnrand zum Stillstand, um das Abschleppseil zu entfernen. Der Abstand der Fahrzeuge zum rechten Fahrbahnrand war so schmal, dass ein anderes Fahrzeug nur äußerst langsam und vorsichtig kollisionsfrei vorbeifahren konnte. Als der Kläger aus seinem PKW ausstieg, kam ihm das von der Erstbeklagten gelenkte und bei der Zeitbeklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug entgegen und blieb vor seinem PKW stehen. Der Kläger machte ein Handzeichen, das die Lenkerin so verstand, dass sie stehen bleiben solle und nach Entfernung des Seils weiterfahren könne. Der Kläger löste zuerst das Abschleppseil an seinem Fahrzeug; um das Seil beim abgeschleppten Fahrzeug zu lösen, musste er zum Teil unter dieses kriechen, wobei er auf dem Rücken lag und sein linkes Bein ausgestreckt in die freie Fahrbahnhälfte ragte. Ohne Wissen und Willen des Klägers winkte daraufhin die Lenkerin des abgeschleppten Fahrzeugs der Erstbeklagten, diese könne nun am Fahrzeug des Klägers vorbeifahren, worauf diese mit Schrittgeschwindigkeit losfuhr und den Fuß des Klägers überrollte.
Die Vorinstanzen gaben seinem Klagebegehren statt.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der beklagten Parteien zurück und führte zur allein noch strittigen Frage, ob dem Kläger als Halter des Schleppzuges das Verschulden der Lenkerin des abgeschleppten Fahrzeuges (anspruchskürzend) zuzurechnen sein, Folgendes aus: Die Haftung für einen bei einem Abschleppmanöver entstandenen Unfall trifft in der Regel nicht den Halter des betriebsunfähig gewordenen abgeschleppten Kfz, sondern jenen des schleppenden Fahrzeugs. Nur bei Einsatz der eigenen Motorkraft des abgeschleppten Fahrzeugs oder beim Abschleppen zur Starthilfe wurde das abgeschleppte Fahrzeug als im Betrieb im Sinne des § 1 EKHG gewertet. Für die Beurteilung, ob der Unfall beim Betrieb des abschleppenden Fahrzeuges zustande gekommen ist, ist die aufrechte Verbindung zwischen den Fahrzeugen nicht jedenfalls ausschlaggebend. Demgemäß müsste sich der Kläger zwar grundsätzlich ein Verschulden seiner Betriebsgehilfen anrechnen lassen. Hier war jedoch der Abschleppvorgang bereits faktisch abgeschlossen; sein Zweck, nämlich die Starthilfe, war erreicht. Eine unmittelbar auf die Triebkraft des schleppenden Fahrzeugs zurückzuführende Betriebsgefahr konnte sich aufgrund der bereits gelösten Seilverbindung nicht mehr verwirklichen. Vielmehr hat die Lenkerin des abgeschleppten Fahrzeugs nach Beendigung des eigentlichen Abschleppmanövers das letztlich unfallkausale „Vorbeiwinken“ des Beklagtenfahrzeugs „ohne Wissen und Willen“ des Klägers vorgenommen, sodass die Auffassung des Berufungsgerichtes, ihre Stellung als Betriebsgehilfin des Klägers sei zu verneinen, unter diesen Umständen keine auffallende, aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit wahrzunehmende Fehlbeurteilung, ist.