Amtshaftung für die Kosten eines evident unnötigen Verfahrens
Ein Amtshaftungsanspruch besteht, wenn das Gericht in unvertretbarer Auslegung von Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts evident unnötige Verfahrensschritte unternimmt oder veranlasst, die nicht nur zu einer übermäßigen Verfahrensdauer, sondern zugleich auch zu vermeidbaren Mehrkosten auf Seiten einer Partei führen.
Die Kläger kauften mit vollstreckbarem Notariatsakt eine Liegenschaft. Da sie die zweite Kaufpreistranche nicht zahlten, führte der Verkäufer gegen sie Exekution zur Hereinbringung auch durch Zwangsversteigerung der Liegenschaft. Die Kläger versuchten, sich dagegen mit einer Oppositionsklage zur Wehr zu setzen. Sie nannten als Oppositionsgrund vom Verkäufer arglistig verschwiegene, versteckte und erst sukzessive hervorgetretene Mängel. Diese Mängel rechtfertigten eine Preisminderung.
Im Oppositionsprozess wurden daraufhin über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren (Sachverständigen-)Beweise zu der zwischen den Parteien strittigen (Tat-)Frage des Vorliegens der behaupteten Mängel aufgenommen, dann aber die Klage (ohne Auseinandersetzung mit diesen Beweisen und unter Abweisung der noch unerledigten Beweisanträge) mit der Begründung abgewiesen, dass ein Preisminderungsrecht keinen tauglichen Oppositionsgrund darstelle. Von dieser schon im Jahr 1997 in das Rechtsinformationssystem des Bundes aufgenommenen (und seither mehrmals bekräftigten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hatte der Richter erst kurz davor erfahren.
Die Kläger begehren Schadenersatz nach dem Amtshaftungsgesetz für die Verfahrenskosten, die sie aufgrund des verlorenen Oppositionsprozesses endgültig tragen müssen.
Das Erstgericht bejahte den Amtshaftungsanspruch und sprach den Klägern – weil ihnen ein Mitverschulden anzulasten sei – die Hälfte ihrer und der der Gegenseite zu ersetzenden (zweckmäßigen) Kosten zu.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil ab. Es verneinte Amtshaftung mit der Begründung, die Verfahrensvorschriften bezweckten nicht den Schutz der unterliegenden Partei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger teilweise Folge.
§ 180 Abs 3 Zivilprozessordnung soll (gerade) auch die im Prozess unterlegene Partei vor Mehrkosten schützen soll, die durch evident unnötige Verfahrensschritte – als Folge einer unvertretbaren Gesetzesauslegung – entstehen. Nach den Gesetzesmaterialien soll die Prozessleitung unter anderem „für die Verminderung der Prozesskosten“ sorgen. Da die unterliegende Partei (schon seit der Stammfassung der Zivilprozessordnung) diejenige ist, die der obsiegenden Gegenseite die Kosten zu ersetzen und die eigenen Kosten endgültig zu tragen hat, wurde der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem auf einer unvertretbaren Auslegung des materiellen Rechts beruhenden Verstoß gegen die Anordnung, die Verhandlung „nicht durch Weitläufigkeit und unerhebliche Nebenverhandlungen“ auszudehnen, und dem dadurch verursachten Schaden (in Form der unnötigen Mehrkosten) bejaht.
Da die anwaltlich vertretenen Kläger, die die vom Gericht durchgeführten Beweise beantragt hatten, aber ein (gleichgewichtiges) Mitverschulden trifft und sie zudem aufgrund der unsachgemäßen Vertretung im Vorverfahren nicht verpflichtet sind, ihrem (eigenen) Anwalt Honorar zu zahlen, fiel der ihnen zugesprochene Ersatz geringer aus, als der vom Erstgericht auferlegte Betrag.