Anlegerentschädigung im Insolvenzfall „AMIS“
Klarstellungen des Obersten Gerichthofs zu Fragen der Anlegerentschädigung im Insolvenzfall „AMIS“.
Der Kläger hatte bei einer „AMIS“-Gesellschaft, einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU), Geld angelegt. Über deren Vermögen wurde 2005 das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger meldete seine Forderung im Konkurs an. Mit seiner Klage begehrt er den Ersatz seines Schadens, der ihm durch rechtswidrige Verfügungen von „AMIS“ über die veranlagten Gelder entstanden sei. Die Beklagte ist eine Entschädigungseinrichtung nach dem WAG (Wertpapieraufsichtsgesetz).
Die Beklagte wendete mangelnde Fälligkeit des Anspruchs ein, weil der Kläger prüffähige Unterlagen über die Berechtigung seiner Ansprüche nicht vorgelegt habe. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Liquidationsmasse eines Fonds in Luxemburg in Höhe von 70 % seiner Investition; um diesen Betrag sei der Entschädigungsbetrag zu reduzieren. Da das zur Entschädigung aller AMIS-Geschädigten zur Verfügung stehende Treuhandvermögen nicht ausreiche, könnten Ansprüche von Geschädigten nur quotenmäßig befriedigt werden.
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Das Berufungsgericht bestätigte einen Teil des Urteils des Erstgerichts und hob im Übrigen das Ersturteil auf und verwies diesbezüglich die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück, weil noch zu prüfen sei, in welchem Ausmaß der Kläger Gelder aus dem Fonds in Luxemburg bekommen werde; insoweit wäre das Klagebegehren nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof stellte im Wesentlichen das Urteil des Erstgerichts wieder her. Er traf folgende wesentlichen Aussagen:
1) Im konkreten Fall, in dem der Kläger die beiden letzten zur Prüfung seiner Ansprüche notwendigen Urkunden (Anlegerzertifikat und Einzahlungsbeleg) im Verfahren vorgelegt habe, sei die vom Berufungsgericht zugrundegelegte Prüffrist von drei Monaten für die Beklagte nicht zu kurz bemessen. Bei Schluss der Verhandlung erster Instanz sei der Anspruch daher fällig gewesen.
2) Die Entschädigungsforderung des Anlegers nach dem WAG sei unabhängig vom Konkursverfahren anzumelden und nach der vorgesehenen Prüfung durch die Beklagte ohne Rücksichtnahme auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des WPDLU, aber auch der Fonds in Luxemburg, zur Zahlung fällig. Die vom Berufungsgericht angeordnete Verfahrensergänzung sei daher nicht nötig.
3) Die Beklagte habe – ungeachtet des möglicherweise zur Befriedigung aller Geschädigten nicht ausreichenden Treuhandvermögens – die Anleger nicht quotenmäßig (kridamäßig), sondern sofort in voller Höhe nach dem Zuvorkommen so lange zu befriedigen, bis das Treuhandvermögen erschöpft sei.