Anwendung des HeimAufG idF des 2. ErwSchG auf Sonderschule und damit verbundenem Hort. Erinnern an die orale Einnahme eines Medikaments – keine Maßnahme iSd § 5 HeimAufG
Mit § 2 Abs 2 HeimAufG idF BGBl I 2017/59 (2. ErwSchG) ist die Ausnahme des Anwendungsbereichs des Heimaufenthaltsgesetzes in Bezug auf Heime und andere Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger weggefallen. Auch in diesen (hier Sonderschule mit Hort) angeordnete freiheitsbeschränkende Maßnahmen sind daher nunmehr grundsätzlich nach dem HeimAufG gerichtlich zu überprüfen. Das bloße Erinnern an die orale Einnahme eines von einem externen Arzt verschriebenen Medikaments ist als Laientätigkeit zu beurteilen und keine eigenständige, der Einrichtung zuzurechnende Maßnahme.
Der Minderjährige besuchte die 4. Klasse einer Schule für Inklusiv- und Sonderpädagogik. Aufgrund seines fremdaggressiven Verhaltens wurde er stationär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eines Krankenhauses aufgenommen. Nach seiner Entlassung verschrieben ihm die dortigen behandelnden Ärzte Medikamente, die auch während des Aufenthalts in der Schule bzw dem Hort nach vorgegebener Dosierung und Zeit einzunehmen waren, woran der Minderjährige vom Lehrer bzw den Hortpädagogen erinnert wurde.
Der Verein beantragte die Überprüfung nach dem HeimAufG.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab.
Der Oberste Gerichtshof billigte diese Entscheidung. In den Anwendungsbereich des HeimAufG idF des 2.ErwSchG fallen sowohl Einrichtungen der Länder als auch private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, etwa Landesjugendheime, Heime privater Träger, sonder-, heil- und sozialpädagogische Wohngemeinschaften, SOS-Kinderdörfer oder Sonderschulen. Nach der einrichtungsbezogenen Abgrenzung macht es keinen Unterschied, ob der Bewohner in der Einrichtung übernachtet oder nur ambulant betreut wird.
Das HeimAufG soll verhindern, dass der Bewohner durch der Einrichtung zurechenbare Anordnungen in seiner Freiheit beschränkt wird, es dient der Vermeidung einrichtungstypischer Gefahren. Nicht in den Anwendungsbereich des GuKG und damit nicht in den Vorbehaltsbereich der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe fallen ganz allgemein Tätigkeiten der Betreuung und Pflege, die kein gesundheitliches oder krankenpflegerisches Fachwissen erfordern und auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens üblicherweise von Laien durchgeführt werden können (Laientätigkeit). Das bloße Erinnern an die orale Einnahme eines von einem externen Arzt verschriebenen, auch in Dosierung und Einnahmezeit spezifizierten Medikaments ist als solche Laientätigkeit zu beurteilen und keine eigenständige, der Einrichtung zuzurechnende Maßnahme iSd § 5 HeimAufG.