Anzuwendendes Recht auf den Direktanspruch des Geschädigten gegen den inländischen Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall in der Türkei
Der Oberste Gerichtshof äußert sich zur Tragweite des Art 9 HStVÜ (Haager Straßenverkehrsübereinkommen).
Der Kläger war Beifahrer in einem in Österreich haftpflichtversicherten Pkw, der in der Türkei auf einen türkischen Lkw auffuhr. Der Pkw-Lenker, Vater des Klägers, kam bei dem Unfall ums Leben, der Kläger wurde verletzt. Für den Pkw war die „Grüne Karte“ gelöst worden. Die Ansprüche des Klägers gegen den Lenker und Halter des Pkw sind nach türkischem Recht zu beurteilen. Danach haftet ein schuldhaft handelnder Lenker auch für Schmerzengeld und Verdienstentgang.
Der Kläger machte seine Schadenersatzansprüche gegen den österreichischen Haftpflichtversicherer des Pkw geltend. Dieser erhob den Einwand, dass nach türkischem Recht ein direkter Anspruch auf Schmerzengeld und Ersatz des Verdienstentgangs gegen den Haftpflichtversicherer ausgeschlossen sei.
Die Vorinstanzen schlossen sich der Argumentation des Haftpflichtversicherers an.
Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung auf. Er schickte voraus, dass der Deckungsanspruch des mitversicherten Lenkers oder Halters gegen den Haftpflichtversicherer nach dem Recht des Versicherungsvertrags zu beurteilen wäre, somit nach österreichischem Recht. Die Auslegung des Art 9 HStVÜ führte zunächst zu dem weiteren Ergebnis, dass die Frage, ob der Geschädigte seine Ersatzansprüche unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer geltend machen kann, nach dem Recht des Deliktstatuts, hier also nach türkischem Recht zu beurteilen ist. Die entscheidende Frage, ob sich auch der Umfang dieses Klagerechts nach türkischem Recht richtet, verneinte der Oberste Gerichtshof hingegen. Wie weit die Deckungspflicht des Versicherers reicht, ist vielmehr nach dem Statut des Versicherungsvertrags zu beurteilen, somit nach österreichischem Recht.