Arbeitgeber kündigt weiblichen Lehrling in der Probezeit wegen Schwangerschaft – Schadenersatz
Der Oberste Gerichtshof klärt die Rechtsfolgen einer geschlechtsdiskriminierenden Beendigung eines Lehrverhältnisses.
Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin als Lehrling beschäftigt und befand sich noch in der dreimonatigen Probezeit. Obwohl ihre Arbeitsmotivation nach den ersten Wochen nachgelassen hatte, erklärte der Geschäftsführer der Beklagten über Nachfrage, dass alles passe. Nachdem die Klägerin von ihrer Schwangerschaft erfahren und sie bekannt gegeben hatte, meinte der Geschäftsführer: „Jetzt haben wir zwei Schwangere und zwei Behinderte“, löste das Lehrverhältnis noch in der Probezeit auf und erklärte, bei Fortführung der Lehre würde für die Klägerin eine Eiszeit anbrechen und niemand mehr mit ihr reden dürfen.
Die Klägerin machte mit Klage geltend, dass die Auflösung geschlechtsdiskriminierend gewesen sei und begehrte von der Arbeitgeberin als Ersatz ihres Vermögensschadens die entgangene Lehrlingsentschädigung sowie 3.000 EUR als Entschädigung für die durch die Diskriminierung erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Das Erst- und das Berufungsgericht sprachen ihr den Verdienstentgang sowie 1.000 EUR als immateriellen Schaden zu, weil die Beklagte gegen das Verbot der unmittelbaren Geschlechtsdiskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz verstoßen habe.
Der Oberste Gerichtshof betätigte den Zuspruch des Verdienstentgangs. Er wies darauf hin, dass die diskriminierende Berücksichtigung einer Schwangerschaft vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung als unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung qualifiziert wird. Dem Einwand der Arbeitgeberin, dass das Lehrverhältnis in der Probezeit jederzeit auch begründungslos aufzulösen gewesen wäre, folgte er nicht, weil die Beendigung tatsächlich wegen der Schwangerschaft der Klägerin erfolgt war. Ein Arbeitgeber kann zwar beweisen, dass er das Arbeitsverhältnis auch ohne Berücksichtigung der Schwangerschaft innerhalb der Probezeit beendet hätte. Das war hier aber aufgrund der Aussage, dass „alles passe“, gerade nicht erwiesen.
Die Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Klägerin wurde vom Obersten Gerichtshof auf einen Betrag von 1.700 EUR erhöht, um aus präventiven Gründen einer unerwünschten Bagatellisierung von Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis entgegenzuwirken. Dabei war aber auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ursprünglich 3.000 EUR für mehrere im Lehrverhältnis erlittene Diskriminierungen geltend gemacht hatte, von denen aber letztlich „nur“ die Beendigungsdiskriminierung zum Tragen kam.