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Ausbezahlte Lebensversicherungssumme fällt nicht zur Gänze in die Unterhaltsbemessungsgrundlage

 
 

Bei Fälligkeit des Auszahlungsbetrags aus einer Lebensversicherung gehört nur der Ertrag (Zins- und Gewinnanteile) zur Unterhaltsbemessungsgrundlage, nicht aber das eingesetzte Kapital. Wurde die Lebensversicherung nicht vom Unterhaltspflichtigen finanziert, so scheidet der Auszahlungsbetrag zur Gänze aus der Bemessungsgrundlage aus.

Die Streitteile sind in aufrechter Ehe verheiratet. Der Beklagte zog endgültig aus der Ehewohnung aus und leistete der Klägerin keinen Geldunterhalt. Zufolge Ablaufs der Vertragslaufzeit erhielt der Beklagte den Ablauferlös aus seiner Lebensversicherung ausbezahlt.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Zahlung von angemessenem Ehegattenunterhalt in zahlenmäßig bestimmter Höhe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Verlasse der unterhaltspflichtige Ehegatte bei aufrechter Ehe grundlos die Ehewohnung, so sei er so zu behandeln, als ob er in der Wohnung verblieben wäre. Bei beiderseitigen Einkommen habe der Unterhaltsberechtigte gegenüber dem besser verdienenden Ehegatten Anspruch auf 40 % des Nettofamilieneinkommens abzüglich des Eigeneinkommens. Für jedes unterhaltsberechtigte Kind seien 4 % abzuziehen. Der Klägerin stünden daher 36 % des Nettofamilieneinkommens abzüglich ihres Eigeneinkommens und unter Berücksichtigung des Naturalunterhalts zu. Der Auszahlungsbetrag aus der Lebensversicherung sei in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof billigte diese Entscheidung nicht und schied den Auszahlungsbetrag aus der Lebensversicherung aus der Bemessungsgrundlage aus. Dazu wurde ausgeführt: Zu den als Unterhaltsbemessungsgrundlage dienenden Einkünften zählen alle Einnahmen des Unterhaltspflichtigen (in der Regel aus unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit) in Geld  oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann. Ausgenommen sind solche Einnahmen, die der Abgeltung von effektiven Auslagen dienen. Bei den Ansprüchen aus einer Lebensversicherung handelt es sich um (angespartes) Vermögen des Unterhaltspflichtigen. Diese Ansprüche bestehen aus einem Kapitalanteil (eingesetztes Kapital) und einem Ertragsanteil.

Der Stamm des Vermögens ist (jedenfalls beim Ehegattenunterhalt) grundsätzlich nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Dementsprechend muss ein im Rahmen der Erlebensversicherung eingezahltes Kapital (Kapitalanteil) bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt bleiben. Demgegenüber ist aber der Ertrag aus einem (auch angesparten) Vermögen zu berücksichtigen (Zins- und Gewinnanteile). Daraus folgt, dass bei Fälligkeit des Auszahlungsbetrags aus einer Lebensversicherung der Ertrag (Zins- und Gewinnanteile) zur Bemessungsgrundlage gehört, nicht aber das eingesetzte Kapital.

Im Anlassfall kommt als Besonderheit hinzu, dass das angesparte Vermögen aus der Lebensversicherung nicht aus den Einkünften des Beklagten erzielt wurde, sondern die Prämienzahlungen durch die Mutter des Beklagten geleistet wurden. Zuwendungen, die ohne rechtliche Verpflichtung, also freiwillig, von Familienangehörigen oder Lebensgefährten erbracht werden und nicht dazu gedacht sind, andere Unterhaltsberechtigte mitzuversorgen, zählen nicht zu dem für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/ausbezahlte-lebensversicherungssumme-faellt-nicht-zur-gaenze-in-die-unterhaltsbemessungsgrundlage/)

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