Auseinandersetzung zwischen Kindern: Keine Haftung eines Achtjährigen
Ein Achtjähriger haftet nicht dafür, dass er einen Neunjährigen verletzte, indem er einen Ast in dessen Richtung warf, weil er sich durch die Kindergruppe rund um den Älteren bedroht fühlte.
Der zum Vorfallszeitpunkt rund achteinhalb Jahre alte Beklagte fühlte sich von einer Gruppe von insgesamt fünf rund neuneinhalb Jahre alten Kindern, die ihm aufgrund vorangegangener Konflikte mit Ästen „drohten“, eingeschüchtert. Er nahm daher selbst einen Ast und warf ihn in Richtung dieser Gruppe, wodurch er den Kläger am Auge verletzte.
Der neunjährige Kläger begehrte vom Beklagten den dadurch verursachten Schaden.
Während das Erstgericht der Klage stattgab, wies sie das Berufungsgericht ab, weil dem deliktsunfähigen Beklagten kein Schuldvorwurf treffe.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die zweitinstanzliche Entscheidung.
Einem Kind in diesem Alter muss zwar typischerweise bewusst sein, dass man eine Person, auf die man einen harten Gegenstand wirft, dadurch verletzen kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Achtjährige den Ast nur deshalb in Richtung der Gruppe des Klägers warf, weil er sich durch diese bedroht fühlte. Angesichts seines deutlich unter der Mündigkeitsgrenze (14 Jahre) liegenden Alters, der von ihm empfundenen „Bedrohung“ durch die ihm zahlen- und altersmäßig überlegene Kindergruppe und weil nicht feststeht, dass er den Ast gezielt gegen den Kläger warf, begegnet es keinen Bedenken, dass dem an sich deliktsunfähigen Beklagten seine Reaktion nicht als Verschulden vorgeworfen wurde. Dass die Haftpflichtversicherung des Beklagten den Schaden decken würde, hat der Kläger nicht nachgewiesen.