Bankgeschäfte eines (ehemaligen) Bankangestellten zu Sonderkonditionen: Kündigung durch die Bank zulässig?
Der Oberste Gerichtshof nimmt zur Kündigung von Bankgeschäften zu Sonderkonditionen Stellung, die eine Bank mit einem (ehemaligen) Bankangestellten vereinbart hatte.
Der Erstkläger war von 1970 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2005 bei der Beklagten (Bank) angestellt. Bei dieser besteht die betriebliche Übung, aktiven und pensionierten MitarbeiterInnen vergünstigte Sonderkonditionen für Bankgeschäfte zu gewähren. Die Übung erstreckt sich auch auf die Ehepartner. Der Erstkläger und seine Ehefrau (Zweitklägerin) unterhielten seit vielen Jahren bei der Beklagten verschiedene Konten, Sparbücher, Depots und Schließfächer. Bei den Geschäftsabschlüssen wurde auf die für den jeweiligen Vertrag geltenden AGB der Beklagten verwiesen, die auch Kündigungsbestimmungen enthielten, und die Sonderkonditionen als Spezialvereinbarung „darübergelegt“.
Nachdem der Erstkläger im Zusammenhang mit einem gegen die Beklagte (wegen Pensionsansprüchen) geführten Gerichtsverfahren Strafanzeige gegen sie erstattet hatte, kündigte die Beklagte die Bankgeschäfte wegen Vertrauensverlust und Unzumutbarkeit der Weiterführung auf.
Die Kläger machten Schadenersatzansprüche wegen der Mehrbelastung aus ihren neuen Geschäftsbeziehungen zu einer anderen Bank geltend. Aufgrund der betrieblichen Übung seien einzelvertragliche Ansprüche auf die Sonderkonditionen entstanden, die als geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis nicht einseitig und beliebig aufgekündigt werden könnten.
Die Beklagte wandte ein, der Anspruch auf die Sonderkonditionen habe nur so lange bestanden, als die Geschäftsbeziehungen aufrecht gewesen seien. Es widerspräche fundamentalen Grundsätzen der Privatautonomie, wenn sie zeitlich unbegrenzt und ohne Kündigungsmöglichkeit an die Verträge gebunden wäre.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger hinsichtlich eines Teilbetrags Folge und hob das Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Geschäftsbeziehungen sei nicht Teil der betrieblichen Übung gewesen. Es sei daher davon nicht auszugehen, dass eine jederzeitige begründungslose Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Dennoch könne die Beklagte die Geschäftsbeziehungen als Dauerschuldverhältnisse nur dann auflösen, wenn ihre Aufrechterhaltung objektiv unzumutbar sei. Dafür bedürfe es weiterer Feststellungen.
Der Oberste Gerichtshof teilte die Entscheidung im Ergebnis. Hier wurde zwar eine freie Kündigungsmöglichkeit vereinbart und auch nicht deren Unzulässigkeit eingewandt. Auch ein freies Kündigungsrecht darf jedoch nicht in sittenwidriger (schikanöser) Weise ausgeübt werden. Schikane liegt nicht nur dann vor, wenn demjenigen, der ein Recht ausübt, jedes andere Interesse als das der Schadenszufügung abgesprochen werden muss, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht und unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stehen.
Zeige sich, dass die Beklagte ausschließlich aus Revanche für die Rechtsverfolgung des Erstklägers die Geschäftsbeziehungen aufgekündigt habe, so sei ihr ein billigenswertes Interesse daran abzusprechen, weil damit nur das Recht eines (ehemaligen) Arbeitnehmers, seine Ansprüche aus dem früheren Arbeitsverhältnis geltend zu machen, „abgestraft“ würde. Dagegen liege keine schikanöse Rechtsausübung vor, wenn klagsseitig geradezu mutwillig offenkundig unberechtigte Ansprüche gestellt würden und insbesondere auch die Strafanzeige mutwillig und jeder objektiven Grundlage entbehrend erstattet worden sei. Die näheren Umstände dazu sind aber noch festzustellen.