Befragung des vom Gericht bestellten Sachverständigen durch den Verteidiger mit Hilfe eines Fachmanns
In einem Strafverfahren wegen Mordes stellte der Verteidiger einen Antrag auf Vertagung der Hauptverhandlung, damit er einen von ihm beauftragten Fachmann beiziehen könne, um den gerichtlich bestellten Sachverständigen effizient zu befragen. Jener Fachmann, ein Universitätsprofessor für Psychiatrie, habe den Akt bereits studiert und den Angeklagten (mit Erlaubnis des Gerichtes) untersucht, sei aber zum vorgesehenen Hauptverhandlungstermin wegen einer Tagungsteilnahme verhindert. Inhaltlich ging es um die (vom gerichtlichen Sachverständigen verneinte) Frage, ob der Angeklagte die medizinischen Grundlagen für die rechtliche Annahme von Zurechnungsunfähigkeit aufweist.
Der Schwurgerichtshof wies den Vertagungsantrag des Verteidigers „zur Vermeidung von weiteren Verzögerungen“ ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge, hob das Urteil auf und ordnete eine neue Hauptverhandlung an.
In der Entscheidung wurde betonte, dass das Fragerecht des Angeklagten auch dem Grundrecht auf Verteidigung dient (vgl Art 6 Abs 3 lit d MRK). Zur Ermöglichung effizienter Ausübung des grundrechtlich garantierten Fragerechts des Angeklagten hätte dem Vertagungsantrag stattgegeben werden müssen. Der Verteidiger hatte ausreichend begründet, weshalb es just auf den genannten Sachverständigen bei der angestrebten Unterstützung zur Ausübung des Fragerechts ankomme.