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Beginn der Verpflichtung eines Beklagten zur Bekanntgabe der Änderung seiner Abgabestelle

 
 

Der Beklagte erlangt in der Regel mit der rechtswirksamen Zustellung der Klage Kenntnis vom Verfahren. Dadurch besteht jedenfalls die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt und seine Verpflichtung zur Bekanntgabe einer Änderung seiner Abgabestelle.

Die klagende Vermieterin begehrte von den beklagten Mietern die Zahlung ausständigen Mietzinses und die Räumung der Wohnung. Die Klage samt Ladung für die vorbereitende Tagsatzung wurde nach dem Akteninhalt den Beklagten an der Adresse dieser Wohnung durch Hinterlegung zugestellt und von ihnen nicht behoben. Zur vorbereitenden Tagsatzung erschienen sie nicht, weshalb über Antrag der Klägerin ein klagestattgebendes Versäumungsurteil erging. Dieses wurde durch Hinterlegung an der Adresse der Wohnung zugestellt, von den Beklagten nicht behoben und anschließend vom Erstgericht die Vollstreckbarkeit bestätigt.

In weiterer Folge beantragten die Beklagten die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Versäumungsurteils wegen Rechtswidrigkeit des Zustellvorgangs, weil sie keine Verständigung von der Hinterlegung erhalten hätten.

Das Erstgericht hob die Vollstreckbarkeitsbestätigung des Versäumungsurteils auf.

Das Rekursgericht hob den erstinstanzlichen Beschluss auf und ordnete eine Verfahrensergänzung an. Die Beklagten hätten bei Zustellung der Klage noch an der Zustelladresse gewohnt, seien danach in eine andere Wohnung verzogen und hätten dies dem Gericht nicht mitgeteilt. Sollten die Verständigungen von der Hinterlegung ordnungsgemäß hinterlassen worden sein, wozu Feststellungen fehlten, wäre das Versäumungsurteil den Beklagten durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden.

Der Oberste Gerichtshof teilte die Rechtsansicht des Rekursgerichts. Ändert eine Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, die Abgabestelle, ohne dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, und wird die Aufgabe der bisherigen Abgabestelle dem Gericht auch nicht auf andere Weise bekannt, so kann weiterhin an die bisherige Abgabestelle zugestellt werden. Eine Hinterlegung nach den Vorschriften des Zustellgesetzes wirkt daher als Zustellung, und zwar unabhängig davon, wo sich die Partei befindet und welche Abgabestelle für sie sonst in Betracht gekommen wäre.

Mit der rechtswirksamen Zustellung der Klage hat ein Beklagter jedenfalls die Möglichkeit, sich Kenntnis vom Verfahren zu verschaffen. Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Änderung der Abgabestelle besteht unabhängig von der Zustellart, die zur rechtswirksamen Zustellung führte. Auf die tatsächliche Kenntnis einer Partei vom Inhalt der Klage kommt es nicht an, hätte sie es ansonsten in der Hand, durch Nichtbeheben von behördlichen Schriftstücken die entsprechenden Rechtswirkungen zu unterlaufen. Ob die Klage an die Beklagten rechtswirksam zugestellt wurde, ist im fortzusetzenden Verfahren noch zu klären.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/beginn-der-verpflichtung-eines-beklagten-zur-bekanntgabe-der-aenderung-seiner-abgabestelle/)

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