Unterhaltsrente nach § 1327 ABGB in der Insolvenz und in der Exekution; Wirkungen des rechtskräftig bestätigten Zahlungsplans
Beim Recht des Hinterbliebenen auf Ersatz des entgangenen Unterhalts handelt es sich um einen Schadenersatz- und keinen Unterhaltsanspruch, der weder in der Insolvenz des Schädigers noch bei Anwendung des § 291b EO als gesetzlicher Unterhaltsanspruch zu behandeln ist.
Die Feststellung der auf unbestimmte Zeit zugesprochenen monatlichen Unterhaltsrente, die im Schuldenregulierungsverfahren für die Zeit nach Insolvenzeröffnung als Kapitalforderung angemeldet wurde (§ 15 IO), und die Rechtskraft des in der Folge abgeschlossenen Zahlungsplans lösen eine insolvenzüberdauernde Inhaltsveränderung der von §§ 14 und 15 IO erfassten Forderungen aus.
Die Tochter einer Verstorbenen (kurz: Geschädigte) verfügt gegenüber dem dafür verantwortlichen Schädiger über ein Urteil, das ihn zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 700 EUR auf unbestimmte Zeit verpflichtet. Die Geschädigte führt deshalb Forderungsexekution gegen ihn. Im ersten über das Vermögen des Schädigers geführten Schuldenregulierungsverfahren im Jahr 2005 meldete die Geschädigte ihre Rentenforderung für die Zeit ab der Konkurseröffnung als (geschätzte) Kapitalforderung an, die in der Folge unbestritten blieb. Der in der Folge zustande gekommene Zahlungsplan wurde rechtskräftig bestätigt, konnte vom Schädiger aber nicht erfüllt werden, sodass es nach Konkursaufhebung zum Wiederaufleben der angemeldeten Forderung kam. In dem im Jahr 2014 eröffneten zweiten Schuldenregulierungsverfahren meldete die Geschädigte neuerlich die Kapitalforderung (reduziert um Zahlungen im Wege der weiter geführten Exekution) an, die wieder unbestritten blieb. Es kam wieder zum Abschluss eines Zahlungsplans und dessen rechtskräftiger Bestätigung, der dieses Mal vom Schädiger – jedenfalls bis zum Schluss der Verhandlung in erster Instanz – erfüllt wurde.
Mit seiner Oppositionsklage strebt der Schädiger die Einstellung der noch immer laufenden Forderungsexekution unter Hinweis auf die beiden Insolvenzverfahren an. Die Geschädigte wendete dagegen ua ein, es sei eine Gleichstellung der Unterhaltsrente nach § 1327 mit einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch vorzunehmen. Das lehnten beide Vorinstanzen ab und gaben der Oppositionsklage statt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte dies. Er nahm dabei folgende Klarstellungen vor:
– Es entspricht der hA, dass es sich beim Recht des Hinterbliebenen auf Ersatz des entgangenen Unterhalts um einen Schadenersatz- und keinen Unterhaltsanspruch handelt.
– Ein solcher Ersatzanspruch ist deshalb nicht – wie der gesetzliche Unterhaltsanspruch nach Insolvenzeröffnung – von der Teilnahme am Konkurs ausgeschlossen, sondern stellt für jene Renten, die bis zur Insolvenzeröffnung fällig wurden, eine Insolvenzforderung nach § 51 Abs 1 KO dar. Die zur Zeit der Insolvenzeröffnung geschuldeten, aber noch nicht fälligen Einzelansprüche (Renten) von unbestimmter Dauer sind gemäß § 15 Abs 2 KO nach ihrem Schätzwert zur Zeit der Verfahrenseröffnung geltend zu machen, also zwingend zu kapitalisieren.
– Rentenersatzansprüche nach § 1327 ABGB fallen nicht unter den im § 291b EO verwendeten Begriff des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs.
– Sie sind daher weder in der Insolvenz des Schädigers noch bei Anwendung des § 291b Abs 1 Z 1 EO als gesetzlicher Unterhaltsanspruch zu behandeln.
– Die Feststellung im Schuldenregulierungsverfahren und die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zum Zahlungsplan lösen ua eine insolvenzüberdauernde Inhaltsveränderung der von §§ 14 und 15 IO erfassten Forderungen aus; ein Zurückgreifen auf den ursprünglichen Forderungsinhalt ist daher nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans nicht möglich.
– Das Wiederaufleben der Forderung nach Konkursaufhebung berührt die bereits eingetretenen Forderungsveränderung nicht.
– Wenn der Gläubiger für eine Forderung iSd §§ 14, 15 IO einen alten Titel besitzt, der die Forderung in ihrer ursprünglichen Gestalt vollstreckbar macht und die Forderung in ihrer insolvenzbedingt veränderten Gestalt durch Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis tituliert ist, kann der Gläubiger nur noch auf Grund des „neuen“, insolvenzspezifischen Titels Exekution führen. Daher ist eine auf Grund des „alten“ Titels bewilligte Exekution – da der im alten Titel festgesetzte Anspruch wegen der insolvenzüberdauernden Forderungsveränderung mit seinem ursprünglichen Inhalt nicht mehr besteht – mit Oppositionsklage zu bekämpfen.