Bei der Unterhaltsbemessung ist eine bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht als Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten anzurechnen
Der Oberste Gerichtshof legt Bestimmungen des Oberösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes aus.
Der durch seinen Sachwalter vertretene 22-jährige Antragsteller begehrte von seinen Eltern Unterhalt in Höhe von 22% ihres Nettoeinkommens. Er sei aufgrund seiner Krankheit nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Eltern wendeten ein, ihr Sohn habe eine Ausbildung zum angelernten Maler absolviert und übe diesen Beruf auch aus. Er verdiene etwa 1.000 EUR netto und sei selbsterhaltungsfähig.
Der Antragsteller ist arbeitslos und besucht einen Berufsförderungskurs. Er erhält Arbeitslosengeld, eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten und eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts, insgesamt 665 EUR monatlich, vom AMS. Darüber hinaus bezieht er Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß § 13 Oö Mindestsicherungsgesetz in Höhe von 353,70 EUR monatlich.
Das Erstgericht wies die Unterhaltsbegehren ab. Bei einem Einkommen von 1.018,70 EUR (Leistungen des AMS und bedarfsorientierte Mindestsicherung) sei der Antragsteller jedenfalls selbsterhaltungsfähig. Er könne überdies aufgrund seiner Ausbildung eine qualifizierte Hilfsarbeitertätigkeit ausüben, wodurch er ebenfalls ein Einkommen von mindestens 1.000 EUR monatlich erzielen könnte.
Das Rekursgericht hob die erstgerichtlichen Beschlüsse auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese aufhebende Entscheidung.
Grundsätzlich kann eine Person, deren Unterhaltsbedürfnisse aufgrund einer öffentlichen Verpflichtung zur Gänze von einem Dritten gedeckt werden, schon deswegen keine Unterhaltsansprüche gegen einen zivilrechtlich Unterhaltspflichtigen stellen, weil ihr kein Anspruch auf Doppelversorgung zusteht. Anderes gilt jedoch, wenn der Gesetzgeber im Fall des Bezugs von Sozialleistungen durch Anordnung (aufgeschobener) Legalzession ausdrücklich das Weiterbestehen des Anspruchs des Unterhaltsberechtigten vorausgesetzt hat.
Das Oö Mindestsicherungsrecht sieht nun zwar keine aufgeschobene Legalzession vor; die hilfsbedürftige Person ist aberf verpflichtet, Unterhaltsansprüche entweder selbst geltend zu machen oder diese dem zuständigen Rechtsträger auf Verlangen zur Rechtsverfolgung zu übertragen. Die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen sind in der Folge auf die Mindestsicherung anzurechnen. Diese unbeschränkte und sanktionsbewehrte Verpflichtung zur rechtsgeschäftlichen Zession ist der Legalzession gleichzuhalten. Beide Lösungen beruhen auf der Wertung, dass die Mindestsicherung den Unterhaltsverpflichteten nicht entlasten soll.