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Benachteiligende Bestimmungen in einem Trainingsvertrag mit einem Fitness-Studio

 
 

Auch wenn Kunden eines Fitness-Studios bei Abgabe eines Kündigungsverzichts für 24 oder 36 Monate niedrigere Monatsbeiträge bezahlen, sind solche Bindungsfristen dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Kunde kein Recht hat, den Vertrag während des vereinbarten Kündigungsverzichts aus wichtigem Grund vorzeitig aufzulösen. Auch die Vereinbarung eines Terminsverlustes, durch den der Gesamtbetrag des jeweils vom Kündigungsverzicht umfassten Zeitraumes sofort fällig wird, ohne dass der Unternehmer Vorausleistungen erbringt, ist unzulässig.

Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte begehrte mit Verbandsklage die Unterlassung der Verwendung von Klauseln in einem von einem Fitness-Studio verwendeten standardisierten Vertragsformular, wonach der Kunde die Möglichkeit hat, für 24 bzw 36 Monate auf eine Kündigungsmöglichkeit zu verzichten, wodurch sich der monatlich zu zahlende Mitgliedsbeitrag verringert. Dem Kunden steht nach dem Inhalt des Klauselwerks in keinem Fall das Recht auf vorzeitige Auflösung des Vertrags aus wichtigem Grundzu. Selbstim Fall der Unmöglichkeit des Trainings auf Grund nicht vorhersehbarer Umstände, wie beispielsweise Verletzung, Schwangerschaft oder schwerer Krankheit, hat lediglich das Fitness-Studio die Möglichkeit, die Mitgliedschaft auf dem „Kulanzweg“ auszusetzen, nicht jedoch der Kunde. Terminsverlust tritt ein, wenn der Kunde, der einen solchen Kündigungsverzicht vereinbart hat,qualifiziert (Mahnung und Nachfristsetzung)mit der Bezahlung einer monatlichen Rate (Mitgliedsbeitrag) in Verzug gerät. Der Kunde hätte dann den für den gesamten Zeitraum des vereinbarten Kündigungsverzichts zu zahlenden Gesamtbetrag („Pauschalbetrag“) sofort zu bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, die dem Klagebegehren im Wesentlichen stattgaben. Er hielt zusammengefasst fest, dass die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts für 24 bzw 36 Monateim konkreten Fall eine unangemessen lange Bindung des Kunden an den Vertrag darstellt. Zwar seien bei Vereinbarung eines Kündigungsverzichts niedrigere Monatsbeiträge zu zahlen und es seien auch die wirtschaftlichen Investitionen des Betreibers des Fitness-Studios zu berücksichtigen. Hier jedoch führe der Umstand, dass der Kunde im Fall des Kündigungsverzichts keine Möglichkeit zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags aus wichtigem Grund habe, sowie dass er darüber hinaus die Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum des vereinbarten Kündigungsverzichts selbst dann zahlen müsse, wenn er die Leistungen des Fitness-Studios aus Gründen nicht in Anspruch nehmen kann, die in seiner Person liegen (zB Krankheit), zu einer massiven Beeinträchtigung der Rechtsposition des Kunden. Auch die vereinbarte Terminsverlustklausel sei unwirksam: Sie führe im Ergebnis dazu, dass der Kunde bei Verzug mit einer Rate die Mitgliedsbeiträge für die gesamte Dauer des vereinbarten Kündigungsverzichts schon im Voraus zahlen müsse, während umgekehrt das Fitness-Studio keine Vorausleistungen erbringe.

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ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/benachteiligende-bestimmungen-in-einem-trainingsvertrag-mit-einem-fitness-studio/)

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