Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) unterbricht die Verjährung für Amtshaftungsansprüche
Wendet sich ein Beschwerdeführer an den EGMR, unterbricht dies die Verjährungsfrist für die in der Beschwerde individualisierten Amtshaftungsansprüche. Voraussetzung dafür ist, dass vom EGMR gemäß Art 41 Europäische Menschenrechtskonvention eine Entschädigung zugesprochen hätte werden können und der Geschädigte seine Ansprüche auf Ersatz (soweit sie ihm nicht oder nur teilweise zuerkannt wurden) binnen angemessener Frist mit Klage weiterverfolgt.
Die Klägerin behauptet, ihr sei die wasserrechtliche Bewilligung für Nassbaggerungen viel zu spät erteilt worden. Sie begehrt vom Bund Ersatz nach dem Amtshaftungsgesetz für den ihr durch die Verzögerung entstandenen Schaden (hauptsächlich Aufwand für Schotterzukauf und Verfahrenskosten).
Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung ab.
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache in die erste Instanz zurück, weil bloße Vermutungen über die Ursache der Verzögerung bei der Behörde nicht ausreichten, um den Lauf der Verjährungsfrist in Gang zu setzen. Damit seien vor der Einreichung der Beschwerde beim EGMR die Ansprüche nicht verjährt gewesen. Durch die Anrufung des EGMR sei die Verjährungsfrist unterbrochen worden.
Der Oberste Gerichtshof teilte diese Ansicht. Die Antragstellung wegen eines unmittelbar aus der Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleiteten Anspruchs unterbricht die Verjährung. Ein Geschädigter soll nicht gezwungen werden, vom Schädiger Ersatz für denselben Schaden parallel in verschiedenen Verfahren verfolgen zu müssen. Die Klägerin hat mit ihrer an den EGMR gerichteten Beschwerde ein Verfahren angestrengt, das (wie auch das innerstaatliche Verfahren über ihre Klage) dafür geeignet ist, Ersatz von Verzögerungsschäden zu erlangen. Ihr wurde auch eine Entschädigung (wenn auch nur für immateriellen Schaden) zugesprochen. Allfällige Ersatzansprüche sind soweit nicht verjährt, als die Klägerin dasselbe Begehren ausreichend konkretisiert und individualisiert bereits im Verfahren vor dem EGMR geltend gemacht hat.