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Bestellung eines Kurators nach dem Verwahrungs- und Einziehungsgesetz

 
 

Eine Kuratorenbestellung im Erlagsverfahren setzt voraus, dass die Interessen der Parteien im Wesentlichen gleich sind.

In der Oststeiermark wurden 20 Personen Opfer eines gewerbsmäßig schweren Betrugs. Der Täter wurde rechtskräftig verurteilt. Bei einer Hausdurchsuchung wurden in Folien verpackte Banknoten im Wert von 111.000 EUR sichergestellt. Im Strafverfahren stellte ein Privatbeteiligter als eines der Opfer einen Ausfolgungsantrag. Er sei Eigentümer des Geldes, das er an den Täter übergeben habe. Die anderen Opfer beanspruchten das sichergestellte Geld für sich bzw sprachen sich gegen die Ausfolgung an den Antragsteller aus. Das Strafgericht verwies diesen auf den ordentlichen Zivilrechtsweg, hob die Beschlagnahme auf und hinterlegte das Geld nach § 1425 ABGB iVm § 2 Verwahrungs- und Einziehungsgesetz (VerwEinzG) beim Erstgericht. Das Erstgericht nahm den Erlag an und sprach aus, dass eine Ausfolgung nur bei Einvernehmen (aller Opfer und des Täters) oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung erfolgen werde.

In weiterer Folge bestellte das Erstgericht einen Rechtsanwalt zum Kurator nach § 4 VerwEinzG.

Das Rekursgericht behob den Bestellungsbeschluss ersatzlos. Die Voraussetzungen für eine Bestellung eines Kurators scheiterten an dem gebotenen Interessengleichklang der Erlagsgegner bzw Ausfolgungswerber im derzeitigen Zeitpunkt.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung.

Nach § 4 VerwEinzG kann das Gericht bei einem strafrechtlichen Erlag für die gemeinsame Vertretung der Erlagsgegner und Ausfolgungswerber einen Rechtsanwalt oder Notar zum Kurator bestellen, wenn der Erleger in seinem Antrag mehr als zehn Erlagsgegner anführt oder mehr als zehn Ausfolgungswerber auftreten und die Interessen dieser Parteien im Wesentlichen gleich sind. Das Rekursgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Interessen jedenfalls eines Erlagsgegners mit jenen der übrigen Erlagsgegner kollidieren.

Auch der Normzweck spricht dafür, dass ein Kurator nur bei Interessengleichklang aller Erlagsgegner zu bestellen ist. Der Vertreter soll eine zügige Erledigung des Verfahrens (also die möglichst rasche Ausfolgung des Verwahrnisses) gewährleisten. Der Kurator soll sich mit den von ihm vertretenen Parteien abstimmen. Als Hauptaufgabe des Kurators sieht das Gesetz die Herbeiführung einer gütlichen Einigung, was nur funktionieren kann, wenn bei einer überschaubaren Anzahl von allesamt bekannten und greifbaren Erlagsgegnern/Ausfolgungswerbern keiner der Vertretung durch den Kurator widerspricht oder sich sonst unkooperativ verhält und der Kurator daher am Ende seiner Bemühungen namens sämtlicher Beteiligten einen von allen befürworteten Ausfolgungsantrag nach Maßgabe der von ihm erarbeiteten Verteilungsordnung einbringen kann.

Bei nicht unwesentlichen Interessenskollisionen ist eine solche gütliche Einigung aber schwer vorstellbar, sodass (auch mit Blick auf die mit der Kuratorbestellung verbundenen Kosten) ein frustrierter Aufwand möglichst zu vermeiden ist und der Kurator nicht außerhalb einer klassischen Insolvenzsituation eingesetzt werden soll.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/bestellung-eines-kurators-nach-dem-verwahrungs-und-einziehungsgesetz/)

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