Betriebsrat stimmt einer Kündigung „aus Rache“ zu – gerichtliche Überprüfung möglich?
Stimmt der Betriebsrat der Kündigung eines Arbeitnehmers zu, so ist der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die innere Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, wenn ihm eine allfällige Verletzung der Vorschriften über dessen Willensbildung nicht bekannt war und auch nicht hätte bekannt sein müssen.
Der Kläger wurde von der Beklagten mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt. Eine Einflussnahme der Geschäftsleitung oder des Personalbüros auf die Entscheidung des Betriebsrats fand nicht statt. Grund für die Zustimmung des Betriebsrates war, dass die einzelnen Betriebsratsmitglieder mit der Tätigkeit des Klägers als „Director Human Resources“ unzufrieden waren, sich durch die Zustimmung für verschiedene Maßnahmen, die er in dieser Funktion gesetzt hatte, und für verschiedene von ihm getätigte Äußerungen „rächen“ und verhindern wollten, dass er die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit anfechten kann.
Der Kläger begehrt, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit für rechtsunwirksam zu erklären oder sie wegen Sittenwidrigkeit als nichtig festzustellen.
Das Erstgericht wies Ersteres ab, weil die Anfechtung einer Kündigung, der der Betriebsrat ausdrücklich zugestimmt habe, rechtlich nicht möglich sei. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil die Zustimmung auch nicht gänzlich unsachlich gewesen sei.
Der Oberste Gerichtshof führte zur Frage, ob die Kündigung aufgrund der festgestellten Racheabsicht durch den Betriebsrat nichtig sei, aus, dass die Rechtswirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses des Betriebsrats zwar an einem unerlaubten schädigenden Zusammenwirken („Kollusion“) zwischen Betriebsrat und Dienstgeber scheitern kann. Das lag hier aber nicht vor. Im Übrigen kann auch der Betriebsinhaber die Erklärungen des Betriebsobmannes jedenfalls dann als rechtswirksame Stellungnahme des Betriebsratskollegiums ansehen, wenn ihm eine allfällige Verletzung der Vorschriften über die Willensbildung des Betriebsrats nicht bekannt war und auch nicht auffallen musste. Denn in solchen Fällen ist der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die innere Willensbildung des Betriebsrats anzustellen.
Anhaltspunkte dafür, dass die beklagte Arbeitgeberin Einblick in eine rechtsmissbräuchliche Willensbildung des Betriebsrates hatte oder haben hätte müssen, lagen hier nicht vor, zumal mit der Feststellung, dass sich die Betriebsratsmitglieder mit der Zustimmung zur Kündigung „rächen“ wollten, nach dem Gesamtzusammenhang nur die Reaktion des Betriebsrats auf den Umstand beschrieben wurde, dass verschiedene Äußerungen und Handlungen des Klägers in einem Zeitraum von fünf Jahren zur Unzufriedenheit in der Belegschaft geführt hatten. Dass mit der Zustimmung die Anfechtbarkeit der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit verhindert werden sollte, bedeutete in diesem Fall vor allem, dass sich der Betriebsrat der gesetzlichen Folgen seiner Zustimmung bewusst war.
Nach diesen Grundsätzen war auch die vom Kläger begehrte Prüfung der Zustimmungserklärung des Betriebsrats, ob ihr eine adäquate Interessenabwägung zugrunde lag, ausgeschlossen. Auch sie wäre nämlich auf die richterliche Nachprüfung der demokratischen Willensbildung eines Organs der Betriebsverfassung hinausgelaufen. Die Kündigung konnte vom Kläger daher nicht wegen Sozialwidrigkeit angefochten werden.