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Bildzitat im Rahmen von kritischer Berichterstattung der Presse

 
 

Zulässige Bildveröffentlichung, wenn das Lichtbild Zitat- und Belegfunktion hat und eine Beschreibung mit Worten diesem Zweck nicht im selben Ausmaß gerecht werden kann.

Beide Streitteile sind Medieninhaber von journalistischen Produkten (Gratiszeitung bzw Website). Die Klägerin veröffentlichte auf ihrer Website im Zusammenhang mit der Berichterstattung über einen Polizeieinsatz im Straßenverkehr ein Lichtbild, auf dem ihre Chefredakteurin zu sehen ist, die für ein Verkehrsdelikt bestraft wurde. Es wurde nicht offengelegt, dass es sich bei der abgebildeten Person um die Chefredakteurin handelt. Die Beklagte veröffentlichte in der Folge auf ihrer Website einen Artikel, in dem sie aufzeigte, dass die Klägerin durch die beschriebene Vorgangsweise gegen das mediale Transparenzgebot verstoßen habe. Im Rahmen dieser kritischen Auseinandersetzung veröffentlichte die Beklagte auch das genannte Lichtbild mit der Chefredakteurin der Klägerin.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten wegen unzulässiger Veröffentlichung und Verbreitung des Lichtbildwerks ua die Unterlassung der Lichtbildveröffentlichung ohne ihre Zustimmung.

Die Beklagte berief sich auf die zulässige Berichterstattung über ein Tagesereignis sowie auf die Ausübung des Zitatrechts.

Die Vorinstanzen gaben dem Unterlassungsbegehren statt.

Der Oberste Gerichtshof wies das Unterlassungsbegehren ab. Die Vorinstanzen haben zwar zutreffend die Zulässigkeit der Lichtbildveröffentlichung im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse verneint, weil die Berichterstattung der Klägerin über das Verkehrsdelikt ihrer Chefredakteurin kein Tagesereignis ist. Es besteht keine allgemeine Rechtfertigung für die Verwertung von Lichtbildern, die (selbst) Tagesereignisse zeigen oder damit in Zusammenhang stehen. Die Beklagte konnte sich allerdings auf ein zulässiges Bildzitat berufen, zumal dem veröffentlichten Lichtbild im Artikel der Beklagten Beleg- und Beweisfunktion zukam. Eine Beschreibung mit Worten konnte diesem Zweck nicht im selben Ausmaß gerecht werden, weil erst durch das Lichtbild aus einer bloßen Behauptung eine bewiesene Tatsache wurde. Die Interessenabwägung schlug somit zugunsten der Beklagten aus. Die Berufung der Klägerin auf ihre Ausschließlichkeitsrechte verfolgte augenscheinlich nur den Zweck, eine kritische Berichterstattung über sie selbst zu verhindern.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/bildzitat-im-rahmen-von-kritischer-berichterstattung-der-presse/)

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