Das geschenkte Zinshaus und der Schutz von Minderjährigen
Bei der Prüfung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft dem Wohl des Pflegebefohlenen entspricht, sind auch allfällige Nachteile für den Pflegebefohlenen nach dem Erlangen seiner Volljährigkeit zu prüfen.
Den zwölf- und zehnjährige Minderjährigen wurde von ihrer Tante ein Zinshaus in bester Lage im ersten Wiener Bezirk geschenkt. Die Geschenkgeberin behielt sich das Fruchtgenussrecht vor. Darüber hinaus räumten die Kinder der Tante ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ein. Im Vertrag wurde vereinbart, dass die Geschenkgeberin die mit der Liegenschaft und ihren Rechten als Fruchtgenussberechtigte verbundenen Kosten und Aufwendungen zu tragen hat. Der Vater der Kinder verpflichtete sich zur Tragung ihrer sämtlichen Kosten und Aufwendungen bis zum Zeitpunkt der Volljährigkeit.
Das Pflegschaftsgericht wies den Antrag der Kinder auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Schenkungsvertrags ab, weil dieser nicht ausschließlich ihrem Wohl diene. Ihr Rekurs blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Kinder nicht statt.
In der Entscheidung wurde ausgesprochen, dass ein Rechtsgeschäft durch das Pflegschaftsgericht nur genehmigt werden darf, wenn der Abschluss im Interesse des Pflegebefohlenen liegt und somit dem Wohl des Pflegebefohlenen entspricht. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine Verminderung des Vermögens des Pflegebefohlenen nicht ausgeschlossen werden kann. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft dem Wohl des Pflegebefohlenen entspricht, kann nicht bloß die Zeit der fehlenden Eigenberechtigung berücksichtigt werden. Es darf daher ein Rechtsgeschäft auch dann nicht genehmigt werden, wenn Nachteile für den Pflegebefohlenen für die Folgezeit ihrer Eigenberechtigung nicht auszuschließen sind.
In der Regel muss der Aufwand zur Erhaltung der Sache, die zur Dienstbarkeit bestimmt ist, vom Dienstbarkeitsberechtigte getragen werden. Aus dem Gesetz geht aber hervor, dass der Dienstbarkeitsberechtigte die Kosten nicht ausnahmslos tragen muss. Der Fruchtnießer ist zur Tragungen von Aufwendungen nur nach Maßgabe des erzielten Ertrags verpflichtet; das Fehlende muss der Eigentümer beitragen. Zudem normiert das Gesetz für das Fruchtgenussrecht Ausnahmen für Bauführungen. Schließlich ist auch bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen des Eigentümers, zB bei Behebungen von Baugebrechen, er selbst zur Tragung dieser Kosten verpflichtet. Auch der konkret vorliegende Vertrag widerlegt den Standpunkt der Kinder, dass es keine denkbaren Kosten gebe, die sie als Eigentümer zu tragen hätten.
Die Vorinstanzen sind damit zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass der Schenkungsvertrag wegen der potentiellen Kostentragungspflicht der Kinder nicht ihrem Wohl und ihren Interessen dient, zumal sie nach Erreichen ihrer Volljährigkeit (= Wegfall der Haftung des Vaters) die Liegenschaft zur Deckung allfälliger Aufwendungen ohne Zustimmung der Geschenkgeberin (und ohne Bedachtnahme auf ihre allenfalls noch fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit) weder belasten noch veräußern können.