Diskriminierende Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf
Zur Rechtsprechung des EuGH in den Rs C‑356/09, Kleist, und C‑614/11, Kuso.
Die Klägerin war seit 1967 bei einer Landes‑Landwirtschaftskammer beschäftigt. Im Jahr 1980 wurde die Unkündbarkeit ihres Dienstverhältnisses vertraglich vereinbart, dieses sollte nach der vertraglich vereinbarten Dienstordnung mit Erreichung der gesetzlichen Pensionsaltersgrenze der Klägerin durch Zeitablauf enden. Die Klägerin erreichte das 60. Lebensjahr im Jahr 2008. Die Beklagte stimmte einer Verlängerung des Dienstverhältnisses über den Ablauf dieses Jahres hinaus nicht zu. Sie kündigte das Dienstverhältnis der Klägerin darüber hinaus vorsichtshalber zum 28. 2. 2009 auf.
Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis über den Ablauf des Jahres 2008 hinaus aufrecht fortbesteht; zudem hat sie die Kündigung zum 28. 2. 2009 angefochten.
Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab dem Begehren der Klägerin jedoch statt.
Der Oberste Gerichtshof ersuchte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabentscheidung zur Klärung der Frage, ob eine Diskriminierung der Klägerin vorliegt (8 ObA 63/10p).
Der EuGH führte in seiner Entscheidung C‑614/11 zusammengefasst aus: Der Umstand, dass die Befristung des Dienstverhältnisses der Klägerin vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union vereinbart wurde, ändert nichts daran, dass die Beendigung des Dienstvertrags durch Zeitablauf zu einem Zeitpunkt nach diesem Beitritt erfolgte, sodass die Gleichbehandlungsrichtlinie (hier noch: RL 76/207/EWG) anwendbar ist. Da die Klägerin schon mit 60 Jahren das gesetzliche Pensionsalter erreicht, während Männer in Österreich dieses erst mit 65 Jahren erreichen, sei sie in Bezug auf die Beendigung ihres Dienstverhältnisses unmittelbar aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert.
Der Oberste Gerichtshof gab dementsprechend der Revision der Beklagten keine Folge. Die Beklagte kann sich nicht auf die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Zeitablauf stützen, weil nur so eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin vermieden werden kann. Die vereinbarte Beendigung des Dienstverhältnisses durch Zeitablauf ist daher unwirksam.