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E-Scooter-Fahrer im Straßenverkehr

 
 

Der Oberste Gerichtshof stellt klar, dass nicht nur Fahrradfahrern, sondern auch E-Scooter-Fahrern aus § 38 Abs 4 Satz 3 StVO das Recht auf ungehinderte und ungefährdete Überquerung der Fahrbahn bei Grünlicht der für sie geltenden Lichtsignale erwächst, dem das vom einbiegenden Fahrzeuglenker zu beachtende Behinderungs- und Gefährdungsverbot gegenübersteht.

Auf einer ampelgeregelten Kreuzung ereignete sich ein Zusammenstoß zwischen der klagenden E-Scooter-Fahrerin, die bei Grünlicht der für sie geltenden Ampelanlage die Kreuzung geradeaus übersetzte und einem auf der Kreuzung ebenfalls bei Grünlicht nach rechts einbiegenden LKW.

Das Erstgericht verneinte die Fahrzeugeigenschaft des E-Scooters sowie das Vorliegen einer verordnungskonform markierten Radfahrerüberfahrt und lastete der Klägerin an, durch die Überquerung der Fahrbahn gegen die in § 88b Abs 3 StVO normierte allgemeine Unterordnungspflicht verstoßen zu haben.

Das Berufungsgericht bejahte die Fahrzeugeigenschaft des E-Scooters und führte aus, der Gesetzgeber habe in § 88b StVO zum Ausdruck gebracht, E-Scooter-Fahrer den für Radfahrer geltenden Regeln unterstellen zu wollen, sodass die Vorrangbestimmungen des § 19 Abs 5 zweiter Satz und Abs 6a StVO zur Anwendung kämen. Die Klägerin habe daher aufgrund der – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – vorhandenen Radfahrerüberfahrt die Kreuzung überqueren dürfen. Allerdings fehlten Feststellungen zur der Klägerin allenfalls vorzuwerfenden Reaktionsverspätung. Den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, ob die Vorrangbestimmungen der StVO auch auf Klein- und Miniroller anzuwenden sind.

Der Oberste Gerichtshof gab einem Rekurs der Beklagten im Ergebnis nicht Folge.

Zunächst stellte er klar, dass sich bei einer durch Lichtzeichen geregelten Kreuzung die Beantwortung der Frage, wer fahren darf und wer anzuhalten hat, aus § 38 StVO ergibt. Radfahrern erwächst als (berechtigten) Fahrbahnbenützern aus § 38 Abs 4 StVO unabhängig vom Vorhandensein einer Radfahrerüberfahrt das Recht auf ungehinderte und ungefährdete Überquerung der Fahrbahn bei Grünlicht der für sie geltenden Lichtsignale. Dies gilt auch gegenüber E-Scooter-Fahrern, weil diese nach § 88b Abs 1 StVO ebenfalls als (berechtigte) Benützer des freigegebenen Fahrstreifens iSd § 38 Abs 4 Satz 3 StVO zu werten sind und eine in § 88b Abs 3 StVO allenfalls angeordnete „allgemeine Unterordnungspflicht“ gegenüber allen Verkehrsteilnehmern aus Gründen der Verkehrssicherheit jedenfalls im Anwendungsbereich des § 38 Abs 4 StVO nicht gilt. Die rechtliche Einordnung des E-Scooters als Fahrzeug iSd § 2 Abs 1 Z 19 StVO konnte offen gelassen werden, weil § 38 Abs 4 StVO nicht auf Fahrzeuge, sondern auf die Benützer der Fahrbahn abstellt.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 13:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/e-scooter-fahrer-im-strassenverkehr/)

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