Eigentumserwerb an mit Losungswort gesicherten Überbringersparbüchern durch Fund
Wer durch Fund Eigentümer eines nach alter Rechtslage eröffneten Überbringersparbuchs mit einem Einlagestand von mehr als 15.000 EUR wurde, hat gegenüber der Bank auch dann einen Auszahlungsanspruch, wenn er das Losungswort nicht kennt.
Die Klägerin fand im Herbst 2016 in der von ihr seit dem Jahr 2000 bewohnten Mietwohnung drei durch ein Losungswort vinkulierte anonyme (Überbringer-)Sparbücher der beklagten Bank mit einem Einlagestand von je 300.000 ATS (= 21.801,85 EUR), die zwischen Dezember 1998 und Mai 1999 – also vor Inkrafttreten des BWG 2000 – eröffnet worden waren. Die Klägerin übergab die drei Sparbücher kurz darauf dem Fundamt, von dem sie diese nach Ablauf eines Jahres zurück erhielt, weil sich der Berechtigte nicht gemeldet hatte. Die Klägerin legte die Sparbücher daraufhin in einer Filiale der Beklagten vor, die zunächst alles für die Auszahlung in die Wege leitete, ihr in der Folge aber mitteilte, eine nochmalige juristische Prüfung habe ergeben, dass eine Auszahlung an sie mangels Kenntnis des Losungsworts nicht möglich sei.
Die Klägerin begehrte die Zahlung von 65.405,55 EUR sA Zug um Zug gegen Übergabe der Originalsparbücher. Sie sei durch Fund Eigentümerin der Sparbücher geworden.
Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, bei den Sparbüchern handle es sich um sogenannte Großbetragssparbücher, weshalb die Auszahlung nur an den identifizierten Kunden – also den seinerzeitigen Eröffner des Sparbuchs – erfolgen dürfe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht wies die Klage hingegen ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und stellte das Urteil des Erstgerichts wieder her. Er stellte klar, dass im Fall des originären Eigentumserwerbs durch Fund an einem (nach der Rechtslage vor der BWG-Novelle 2000 eröffneten) Überbringersparbuch der Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens auf den Finder übergeht. Dieser Auszahlung steht auch der Umstand nicht entgegen, dass der seinerzeitige Eröffner der Sparbücher nicht mehr identifiziert werden kann; vielmehr ist nur die – hier ohnehin bereits erfolgte – Identifizierung der Klägerin als der nunmehrigen Inhaberin erforderlich. Dass ihr die Losungsworte der Sparbücher nicht bekannt sind (und auch nicht bekannt sein können), schadet nicht, weil sie die mangelnde Kenntnis des Losungsworts durch den Nachweis ihrer materiellen Berechtigung (Eigentumserwerb durch Fund) substituieren kann.