Erfüllungsgehilfeneigenschaft beim Kauf eines Hundewelpen
Beim Kauf eines bereits geborenen Hundewelpen ist der Halter des Deckrüden nicht als Erfüllungsgehilfe des Züchters (= des Halters der Mutterhündin) zu qualifizieren. Der Halter des Deckrüden ist vielmehr als Lieferant des Samens anzusehen und damit einem Zulieferer eines Rohstoffes gleichzuhalten, für dessen Verschulden der Verkäufer des Tieres nicht einzustehen hat.
Der Kläger D suchte am 11. 3. 2013 den Beklagten G, einen Hundezüchter, auf. Er interessierte sich für einen zwei Monate alten Labrador-Retriever-Welpen („Aron vom Föhrenwald“), der in einem Zeitungsinserat angepriesen worden war. Der Kläger wollte einen hüftgelenksdysplasiefreien (HD-freien) Hund erwerben, weshalb er sich nach der Abstammung erkundigte. Der Verkäufer zeigte ihm die Ahnentafel des Welpen, wonach beide Eltern (nämlich die Hündin „Brendy“ und der Rüde „Mathew“) HD-frei waren. Daraufhin kaufte der Kläger den Hund um 850 Euro. Ein Labrador-Retriever-Welpe, der nicht bei einem Züchter bzw ohne Zuchtpapiere erworben wird, kostet rund 250 EUR.
D hatte seine Hündin Brendy beim Züchter E decken lassen; als Deckrüde wurde ihm „Mathew“ bekanntgegeben. Tatsächlich – dies stellte sich erst im Gerichtsverfahren durch eine DNA-Analyse heraus – ist „Mathew“ nicht der genetische Vater von Aron.
Bei der Übergabe Arons an G war dessen genetische Veranlagung für HD-Erkrankungen gegeben, ohne dass dies schon erkennbar gewesen wäre. Einige Monate bemerkte der Kläger, dass sein Hund humpelte. Um ihm Schmerzen zu ersparen, ließ er ihn operieren und weiterbehandeln, wodurch Kosten von fast 8.000 Euro aufgelaufen sind. Diesen Betrag verlangt der Kläger D vom Beklagten G explizit aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes (Gewährleistung wurde nicht geltend gemacht).
Das Erstgericht und das Berufungsgericht sprachen dem Kläger Schadenersatz zu. Das Berufungsgericht wies darauf hin, dass der Hund einen Mangel aufgewiesen habe und dass der Beklagte seine Schuldlosigkeit an der Schlechterfüllung nicht unter Beweis stellen habe können. Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Der OGH folgte der Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Hund einen Mangel aufgewiesen habe. Entscheidend für die Haftung des Beklagten sei, ob er die Mangelhaftigkeit verschuldet habe. Die Fehlbildung der Hüftgelenke (und auch der Ellenbogen) beruht auf genetischen Ursachen. Ein Züchter hat aber nicht schlechthin für eventuelle genetische Fehler eines Hundes einzustehen, sondern nur dann, wenn er bei der Zucht die gehörige Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Eine Garantie dafür, dass es bei Aron zu keiner Fehlbildung der Hüftgelenke oder Ellenbogen kommen wird, hat der Beklagte dem Kläger nicht gegeben. Er hat behauptet, den Zuchtregeln entsprochen zu haben, indem er zur Paarung mit seiner HD-freien Hündin einen HD-freien Rüden eines erfahrenen Züchters auswählte. Für ein schuldhaftes Verhalten des Halters des Deckrüden (E) hat G nicht einzustehen, weil dieser nicht sein Erfüllungsgehilfe (§ 1313a ABGB) ist. Der Halter des Deckrüden ist als Lieferant des Samens anzusehen und damit einem Zulieferer eines Rohstoffes gleichzuhalten.
Zur Frage der Verbesserungskosten (Behandlungskosten) wies der OGH auf seine bisherige Rechtsprechung hin, wonach es für die Beurteilung einer Unverhältnismäßigkeit auf die Relation zwischen der Bedeutung des Mangels für den Übernehmer und dem mit der Verbesserung verbundenen Aufwand des Übergebers ankommt, Besteht die Verbesserung in der Heilbehandlung eines gekauften Tieres, ist bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit auch die Wertung des § 1332a ABGB zu berücksichtigen. Danach gebühren die Kosten der Heilung auch dann, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit auch ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten diese Kosten aufgewendet hätte. Wäre der erst neun Monate alte Hund des Klägers nicht operiert worden, wäre sein langes Leben stets mit erheblichen Schmerzen verbunden gewesen. Nach den Gesamtumständen des Falls erschienen Verbesserungskosten in Höhe der konkret aufgewendeten Heilungskosten von mehr als 7.000 Euro, die etwa das Achtfache des Hundes im vertragsgemäßen Zustand betragen, noch vertretbar.