Flughafengesellschaft ist Erfüllungsgehilfin der Fluglinie
Ein Vertrag (zwischen Fluglinie und Flughafen) hat keine Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten (Fluggast), wenn der Dritte selbst einen deckungsgleichen vertraglichen Anspruch gegen seinen eigenen Vertragspartner (Fluglinie) hat. Die Fluglinie hat dem Fluggast sichere Gangflächen zur Verfügung zu stellen. Überträgt die Fluglinie die Reinigungspflicht auf die Flughafengesellschaft, so wird diese als Erfüllungsgehilfin der Fluglinie tätig.
Die 69-jährige Klägerin rutschte als Fluggast in der Abfertigungshalle im Flughafen Wien-Schwechat auf einer durch Kot verunreinigten Stelle aus und kam zu Sturz; dabei erlitt sie Knochenbrüche. Zwischen der beklagten Flughafengesellschaft und der Fluglinie besteht für die Erbringung der sogenannten „Bodenabfertigungsdienste“ ein Bodenabfertigungsvertrag; danach ist die Flughafengesellschaft zur Reinigung unter anderem der Gangflächen verpflichtet. Die Flughafengesellschaft lässt die Reinigung des Flughafens durch ein Reinigungsfachunternehmen durchführen.
Die Klägerin begehrte gegenüber der Flughafengesellschaft die Feststellung, dass diese dem Grunde nach für alle Schadensfolgen der Klägerin aus ihrem Sturz hafte. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Reinigung der Sturzstelle nicht nachgekommen.
Die beiden Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung und führte dazu aus: Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis bestehen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber dritten Personen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maß gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. Begünstigt sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluss vorhersehbar war und die der Vertragspartner (des Hauptleistungspflichtigen) entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte, an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Allerdings ist das schutzwürdige Interesse des Dritten (hier der Klägerin) zu verneinen, wenn der Dritte kraft eigener rechtlicher Sonderverbindung mit seinem Vertragspartner (hier Fluglinie), der seinerseits den späteren Schädiger (hier Flughafengesellschaft) vertraglich als Erfüllungsgehilfen beigezogen hat, einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat.
Dies ist hier der Fall, wenn die Flughafengesellschaft (bzw das von ihr beauftragte Reinigungsunternehmen) in Bezug auf die Reinigung im Flughafengebäude als Erfüllungsgehilfin der Fluglinie anzusehen ist. Dies ist zu bejahen. Voraussetzung für die Zurechnung als Erfüllungsgehilfe ist nämlich, dass der Gehilfe (hier Flughafengesellschaft) im Pflichtenkreis der Fluglinie tätig wird. Zu den geschuldeten Leistungen im Rahmen eines Beförderungsvertrags mit einer Fluglinie gehört auch die Zurverfügungstellung geeigneter Flächen und Einrichtungen, die zur Vornahme jener Handlungen und Maßnahmen dienen, die in Vorbereitung auf den Flug erforderlich sind. Dazu gehören unter anderem die Ermöglichung von Check-In, Kofferaufgabe oder Sicherheitskontrolle. Ebenso müssen jene Flächen zur Verfügung gestellt werden, die es den Passagieren ermöglichen, zum Abflugterminal und in der Folge zum Flugzeug zu gelangen. Zu diesen Flächen und Einrichtungen zählen auch die Rolltreppen im Flughafengebäude und (wie hier) auch die Abfertigungshalle. Die vertraglichen Pflichten der Fluglinie umfassen die Ermöglichung der gefahrlosen Benützung der beschriebenen Flächen und Einrichtungen.