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Formungültiges fremdhändiges Testament

 
 

Ein fremdhändiges Testament ist formungültig, wenn der Erblasser auf einem losen Blatt unterschrieben hat, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht.

In den beiden vom Obersten Gerichtshof zu beurteilenden Fällen bestand die fremdhändig errichtete letztwillige Verfügung im Zeitpunkt der Unterschrift durch den Erblasser aus zwei losen Blättern, wobei sich der Text der Verfügung auf dem ersten Blatt, die Unterschriften des Erblassers und jene der Testamentszeugen jeweils auf dem zweiten Blatt befanden. In einem Fall enthielt das zweite Blatt neben Ort und Datum der Verfügung auch die nach neuer Rechtslage vorgesehene schriftliche nuncupatio sowie eine Fußzeile mit Seitenangaben, im anderen Fall befanden sich diese Angaben (ohne Seitennummerierung) noch auf dem ersten Blatt. Die losen Blätter wurden jeweils vom Testamentserrichter verwahrt.

Im Streit über das Erbrecht wurde die strittige Formgültigkeit des Testaments in beiden Fällen vom Erstgericht bejaht, vom Rekursgericht jedoch verneint.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidungen des Rekursgerichts. Er fasste seine Erwägungen wie folgt zusammen:

Ein fremdhändiges Testament ist formungültig, wenn der Erblasser auf einem losen Blatt unterschrieben hat, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht. Ein äußerer Zusammenhang wäre nur dann zu bejahen, wenn entweder vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs (das heißt uno actu mit diesem) die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile. Für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht.

Zum Volltext 2 Ob 143/19x im RIS. Zum Volltext 2 Ob 145/19s im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/formungueltiges-fremdhaendiges-testament-2/)

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