Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Freiheitsbeschränkung im Heim wegen der Gefahr einer COVID-19-Infektion

 
 

In einem Heim mit betagten Personen kann die Einzelisolierung eines Bewohners trotz des negativen Ergebnisses eines COVID-19-Tests bis 14 Tage nach der letzten Krankheitssymptomatik zulässig sein, wenn die Zuverlässigkeit des Testergebnisse nur 32-63 % beträgt.

Der Heimbewohner litt an einer schweren Demenz, war Tag und Nacht desorientiert und bedurfte permanenter Betreuung und Begleitung bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens. Aufgrund seiner Demenz und seines Bewegungsdrangs war dem Bewohner das Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes und die Einhaltung eines Mindestabstands zu anderen Personen nicht möglich. Der Bewohner wurde deshalb bis 14 Tage nach der letzten Infektionssymptomatik (Fieberschub nach Außenkontakt) trotz eines negativen COVID-19-Tests in seinem Einzelzimmer isoliert untergebracht (Quarantäne). Das negative Testergebnis war nur zu 32-63 % zuverlässig. Im betreffenden Heim waren Bewohner untergebracht mit einem Durchschnittsalter von 84 Jahren und zahlreichen Vorerkrankungen, die deshalb zu einer vulnerablen Gruppe mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf im Fall einer COVID-19-Infektion gehören.

Der Oberste Gerichtshof bejahte die Zulässigkeit dieser Freiheitsbeschränkung:

Eine solche Freiheitsbeschränkung darf nur dann vorgenommen werden, wenn sie zur Abwehr (ua) einer Fremdgefährdung unerlässlich und geeignet sowie in ihrer Dauer und Intensität im Verhältnis zur Gefahr angemessen ist und diese Gefahr nicht durch andere Maßnahmen, insbesondere schonendere Betreuungs- oder Pflegemaßnahmen, abgewendet werden kann. Diese Voraussetzungen für eine 14-tägige Quarantäne lagen im Anlassfall vor, weil der Bewohner ständiger Betreuung bedurfte, aber nicht in der Lage war, infektionsverhindernde Maßnahmen (Mund-Nasen-Schutz; Mindestabstand) einzuhalten, von einer deshalb möglichen Verbreitung einer COVID-19-Infektion eine besonders gefährdete Personengruppe erfasste werden konnte und das Ergebnis des durchgeführten COVID-19-Tests nur einen geringen Zuverlässigkeitsgrad erreichte.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 27.12.2024, 00:12
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/freiheitsbeschraenkung-im-heim-wegen-der-gefahr-eine-covid-19-infektion/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710