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Freiwillige Normen nach dem Normengesetz können nicht gerichtlich erzwungen werden

 
 

Die Normungsorganisation hat die Befugnis zur Schaffung und Veröffentlichung nationaler Normen. Teilnehmer eines Komitees der Normungsorganisation können das Fortbestehen eines Komitees oder einer Vorstufe einer Norm nicht gerichtlich erzwingen.

Der Kläger war Teilnehmer in einem bestimmten Komitee („Halal-Produkte und -Dienstleistungen“) des beklagten Vereins (der Normungsorganisation). Dieses Komitee war vor mehr als einem Jahrzehnt eingerichtet worden, um eine Ö-Norm für die Zertifizierung von Halal-Lebensmitteln zu entwickeln. Parallel zur Arbeit des Komitees lief auf europäischer Ebene der (inzwischen gescheiterte) Versuch, eine entsprechende europäische Halal-Zertifizierung zu erstellen. Das entsprechende europäische Normungsgremium wurde aufgelöst. Daraufhin löste das Präsidium des Beklagten auch das (nationale) Komitee und die entwickelte ONR (eine Art Vorstufe zu einer Ö-Norm) auf. Nach der Geschäftsordnung der Normungsorganisation darf ein Komitee keine weiteren österreichischen Spezifikationen als rein österreichische Normen erstellen.

Der Kläger, der zuvor einen Antrag an die Schlichtungsstelle des Beklagten gerichtet hatte, mit welchem er die aus seiner Sicht „statuten- bzw satzungswidrige“ Auflösung des Komitees und die ersatzlose Zurücknahme der ONR bekämpfen wollte, klagte auf Feststellung, dass das Komitee sowie die ONR bestünden und der Beschluss über die Auflösung des Komitees und die Zurückziehung der ONR nichtig sei (dazu begehrte er hilfweise die Aufhebung dieses Beschlusses).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Nicht jede Auseinandersetzung zwischen Rechtssubjekten lässt ihre gerichtliche Klärung zur Durchsetzung des eigenen Standpunkts zu. Das Hauptziel von Normung ist die Festlegung freiwilliger technischer oder die Qualität betreffender Spezifikationen, denen bereits bestehende oder künftige Produkte, Produktionsverfahren oder Dienstleistungen entsprechen können. Mit der auf Freiwilligkeit beruhenden Teilnahme eines Experten (bloß) in den Gremien des Beklagten soll gerade keine Vereinsmitgliedschaft begründet werden. Den Experten ist keine auch nur annähernd vergleichbare Rechtsstellung wie einem Vereinsmitglied der Normungsorganisation eingeräumt. Im Normengesetz ist zwar für bestimmte Auseinandersetzungen eine besondere Schlichtungsstelle geschaffen worden, die den Antragstellern (also etwa Aufnahmewerbern, Komiteemitgliedern oder denjenigen, die eine Stellungnahme eingebracht haben) – unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft – offen stehen soll. Mit der Einrichtung dieser besonderen Schlichtungsstelle wurde aber eine endgültige (und außerhalb der Gerichte liegende) Klärung dieser Konflikte normiert.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/freiwillige-normen-nach-dem-normengesetz-koennen-nicht-gerichtlich-erzwungen-werden/)

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