Gesetzwidrige Geschäftspraxis eines Versicherers bei der Vorschreibung von Dauerrabattrückvergütungen nach vorzeitiger Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Versicherungsnehmer
Nach Nichtigerklärung seiner Dauerrabatt-Klauseln machte der Versicherer statt der verbotenen (progressiven) Rabattrückforderung einen auf „ergänzende Vertragsauslegung“ gestützten, einseitig festgelegten (degressiven) Anspruch geltend.
Der Oberste Gerichtshof beurteilt die Geschäftspraxis eines Versicherers nach § 28a KSchG, die den Verbrauchern einseitig vorschreibt, welcher Rabattrückforderungsanspruch (nach Ansicht des Versicherers) bei „ergänzender Vertragsauslegung“ an die Stelle des nach den verbotenen Klauseln berechneten zu treten hat.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs widerspricht die Geschäftspraxis dem § 861 ABGB, weil Verträge oder Vertragsergänzungen nur durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner zustande kommen können. Das vom Versicherer gestellte Begehren kommt im Ergebnis einer verbotenen geltungserhaltenden Reduktion nahe.
Die Frage, ob im Licht der Judikatur des EuGH nach Nichtigerklärung von Klauseln überhaupt eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig wäre, kann im vorliegenden Verbandsprozess jedoch nicht geklärt werden. Ob sie zur Lückenfüllung grundsätzlich zulässig ist und bejahendenfalls welchen Inhalt sie hat, ist – mangels Einigung der Parteien – dem Gericht vorbehalten, das diese Frage im Individualprozess (hier zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer) zu beantworten hat.