Gewährleistung beim Neuwagenkauf – Lackschäden durch Vogelkot
Beim Kauf eines Neufahrzeugs ist es eine gewöhnlich vorausgesetzte und daher vertraglich geschuldete Eigenschaft, dass der Lack nicht durch kurzzeitige Verschmutzungen mit Vogelkot nachhaltig beschädigt wird.
Die Klägerin erwarb bei der Beklagten 2009 einen Neuwagen der Mittelklasse in der Farbe Schwarz, mit dem sie rundum zufrieden war. Im Jahre 2013 kaufte sie deshalb wieder einen Wagen der gleichen Modellreihe und in der gleichen Farbe.
Schon nach rund zwei Wochen traten auf dem schwarzen Lack dieses Neuwagens weißliche Verfärbungen (Ätzungen) auf, die sich nicht mehr entfernen ließen und von Vogelkot herrührten, dies obwohl die Klägerin derartige Verschmutzungen nicht eintrocknen ließ, sondern immer sofort entfernte und den Wagen regelmäßig reinigte.
Seit dem Jahr 2010 werden nach der einschlägigen Ö-Norm aus Gründen des Umweltschutzes nur mehr lösungsmittelfreie Fahrzeuglacke in geringerer Schichtstärke verwendet, die weniger widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse sind als die früher verwendeten.
Die weißlichen Flecken auf dem Fahrzeug der Klägerin führen, wenn sie nicht professionell saniert werden, innerhalb weniger Jahre zu Durchrostung und insgesamt zu einer kürzeren Nutzungsdauer.
Die Beklagte lehnte eine Sanierung der Lackschäden ab.
In der Klage wurde Wandlung (Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs) wegen erheblichen Sachmangels bzw wegen Irrtums begehrt.
Das Erstgericht gab der Klage zum überwiegenden Teil statt.
Nach seiner Begründung hätte die Beklagte die Klägerin über eine gegenüber dem Vorgängermodell verringerte Umweltbeständigkeit des Lacks aufklären müssen. Die Klägerin müsse sich auf den Kaufpreis den Nutzen aus der Weiterverwendung des Fahrzeugs, insgesamt 12.000 km, anrechnen lassen, dies aber nur bis zum Zeitpunkt des erstmaligen (außergerlichtlichen) Wandlungsbegehrens.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Die Klägerin habe mit technischen Änderungen der Modellreihe aufgrund von Umweltschutzvorgaben rechnen müssen, die Beklagte habe keine Aufklärungspflicht verletzt. Die geänderte Zusammensetzung des Lacks habe der Ö-NORM entsprochen. Zwar habe die Beklagte mit dem besonders hochwertigen Lackierungsverfahren des Herstellers geworben, deswegen könne ein verständiger Käufer aber nicht annehmen, dass es niemals zu Lackschäden durch ätzende Verschmutzungen wie Vogelkot kommen könnte.
Der Oberste Gerichtshof änderte diese Entscheidung ab und verpflichtete die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, abzüglich des ungekürzten Gebrauchsvorteils für 12.000 gefahrene Kilometer.
Ein Neufahrzeug, dessen Lack schon nach zwei Wochen trotz sorgsamer Pflege unvermeidlich durch alltägliche Umwelteinflüsse Schäden erleidet, die innerhalb weniger Jahre zu Roststellen führen, erfüllt nicht die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Wegen der Auswirkungen auf die Nutzungsdauer ist dieser Mangel nicht als geringfügig anzusehen und berechtigt zur Wandlung.
Die Klägerin muss sich allerdings ihren erzielten Gebrauchsvorteil nicht nur bis zum Zeitpunkt des erstmaligen Wandlungsbegehrens, sondern bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz anrechnen lassen.