Gewaltschutz: Drohung mit Gewalt bewirkt Wegweisung des Gefährders
Jeder körperliche Angriff und jede ernsthafte und substanzielle Drohung mit einem solchen führt gemäß § 382b EO zur Unzumutbarkeit des Zusammenlebens des Opfers mit dem Gefährder.
Der Antragsgegner hat die Antragstellerin mehrmals mit einem körperlichen Angriff bedroht: So geriet er im März 2023 in Rage und sagte zur Antragstellerin, er werde sie schlagen, worauf es zu einem kleineren Gerangel kam. Darüber hinaus drohte er der Antragstellerin seit März 2023 wiederholt mit ausgeholter Hand Schläge an, wobei er sich so gebärdete, dass dies von ihr als echte, reale Bedrohung empfunden wurde und lachte die Antragstellerin aus, wenn sie zusammenzuckte. Der Antragsgegner verhielt sich gegenüber der Antragstellerin infolge seines starken Alkoholkonsums auch regelmäßig aggressiv und beschimpfte sie vor den Kindern. Die häusliche Situation verschlechterte sich in den letzten Wochen und Monaten sukzessive und spitzte sich zu. Aufgrund dieser Umstände hat die Antragstellerin nicht nur mit den Kindern die Wohnung verlassen, sondern sich auch in psychologische Behandlung begeben, wo eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert wurde.
Die Antragstellerin begehrt die Wegweisung des Antragsgegners aus der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung sowie ein Rückkehrverbot für die Dauer von sechs Monaten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Verhalten des Antragsgegners würde nicht die Schwere erreichen, die die strenge Maßnahme der einstweiligen Verfügung angemessen erscheinen lasse.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung.
Neben einem körperlichen Angriff oder der Drohung mit einem solchen ermöglicht auch ein sonstiges Verhalten des Antragsgegners die Anordnung der in § 382b EO angeführten Sicherungsmaßnahmen, wenn dieses Verhalten eine Schwere erreicht, die die strenge Maßnahme der einstweiligen Verfügung angemessen erscheinen lässt („Psychoterror“).
Die mit dem Gewaltschutzgesetz angestrebte „Entschärfung“ der Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung legt es nahe, bei der Prüfung der Voraussetzung der Zumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens zugunsten der Opfer von Gewalttätigkeiten im Familienkreis einen großzügigeren Maßstab anzulegen. Es genügt also grundsätzlich schon ein effektiver physischer Angriff oder die Drohung damit.
Nach ständiger Rechtsprechung entspricht jeder körperliche Angriff und jede ernsthafte und substanzielle Drohung mit einem solchen dem Unzumutbarkeitserfordernis. Das bedrohliche und erniedrigende Verhalten des Antragsgegners kann entgegen der Ansicht der Vorinstanzen keineswegs verharmlosend als „Foppen“ bezeichnet werden. Vielmehr machen die festgestellten Umstände der Antragstellerin das Zusammenleben mit dem Antragsgegner unzumutbar im Sinn von § 382b EO.