Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen durch Organe eines Fußballvereins
Das Halten eines teuren Spielerkaders kann einen übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vereins im auffallenden Widerspruch stehenden Aufwand darstellen.
Ein österreichischer Profi-Fußballklub mit langer Tradition ging Pleite – warum Funktionäre dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, führte der OGH näher aus:
Auch unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder eines weitläufig wirtschaftlich aktiven Vereines sind trotz Aufteilung der Geschäfte oder Betrauung eines eigenständig agierenden Geschäftsführers zur Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebes gehalten und handeln nur dann ordentlich und gewissenhaft, wenn sie bei Erkennbarkeit einer Krisensituation dem Gläubigerschutz dienende Maßnahmen setzen. Widrigenfalls haben sie gleich dem unmittelbar kridaträchtig Handelnden den Erfolgseintritt strafrechtlich zu verantworten – nur durch rechtzeitige Niederlegung der Organfunktion könnten sie sich davon befreien.
Bezogen auf die wirtschaftlichen Gestionen eines großunternehmerisch agierenden Profifußballvereins mit einem Wirtschaftsvolumen im dreistelligen Millionen-Schilling-Bereich hat dies schon angesichts des hohen aleatorischen Elements dieser Sportart, der kostenintensiven und risikoreichen Investitionen in einen bloß potentiell erfolgreichen Spielerkader und des damit ex ante bestehenden Risikos der für den Fall des Verfehlens auch realistischer sportlicher Ziele umfangreichen Schädigung von Gläubigerinteressen zur Konsequenz, dass die – wenngleich unentgeltlich tätigen – Organwalter bei Auftreten eines auffälligen Missverhältnisses zwischen finanziellem Aufwand (insbesondere für die kostenintensive Entlohnung solcher Profifußballer, die für die Aufrechterhaltung eines Spielbetriebes nicht unbedingt notwendig sind) und den vorhandenen finanziellen Mitteln sowie den zu erwartenden, nicht vom Spielglück abhängigen Einnahmen umgehend die erforderlichen, vor allem der Kostenreduktion dienenden Maßnahmen ergreifen müssen.
Das Halten eines teuren Spielerkaders kann daher einen übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vereines im auffallenden Widerspruch stehenden Aufwand darstellen. Dieser ist angesichts des Risikos einer Gläubigerschädigung durch „das Vertrauen“ (bei realistischer Einschätzung lediglich: die Hoffnung) auf das Erreichen internationaler Bewerbe – ebenso wenig wie eine bloß erhoffte, jedoch nicht rechtsverbindlich konkretisierte Hilfe von dritter Seite den Anforderungen kaufmännischer Sorgfaltspflicht entspricht – selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn die daraus möglicherweise resultierenden Erträgnisse die übermäßigen Investitionen abdecken könnten. Damit sind aber auch die aus dem fußballerischen Erfolg resultierenden „konkreten“ Erwartungen an Sponsoreneinnahmen ohne Relevanz für die Beurteilung grob fahrlässigen kridaträchtigen Handelns.
Unter Berücksichtigung des Ausmaßes der zu befürchtenden Gläubigerschädigung war das geradezu reaktionslose Weiteragieren der bloß auf den Sanierungseffekt international (wegen des dabei gegebenen Konkurrenzdruckes wenig wahrscheinlicher) erhoffter sportlicher Erfolge bauenden Angeklagten als grob fahrlässig im Sinne des § 159 Abs 1 StGB und zumindest als mitursächlich für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anzusehen.