Haftung eines Geschäftsinhabers für am Gehsteig umgestürzten Verkaufsständer
Die beklagte Partei hatte auf dem Gehsteig neben ihrem Geschäftslokal Verkaufsständer aus nicht bruchsicherem Plexiglas – ohne eine Bewilligung nach § 82 StVO – aufgestellt. Der Schwerpunkt eines dieser Ständer lag infolge Bestückung des weit oben montierten (verstellbaren) Einlegebodens mit schweren Waren zu hoch. Im Zuge eines Handgemenges nach einem vor dem Geschäftslokal stattgefundenen Messerattentat fiel der Ständer um und zerbrach; ein Splitter verletzte die Klägerin, als sie nach einem Einkauf gerade das Geschäftslokal verlassen hatte.
Das Berufungsgericht bejahte die Haftung der beklagten Partei für den Schaden der Klägerin. Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision der beklagten Partei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Die Verhinderung von Gefahren, die sich für Passanten allein aus dem allfälligen Umstürzen von am Gehsteig zu Werbezwecken aufgestellten, nicht standsicheren Verkaufsständern ergäben, ist vom Schutzzweck des § 82 StVO nicht mitumfasst. Die beklagte Partei hat jedoch gegenüber der Klägerin als Vertragspartnerin Schutz- und Sorgfaltspflichten zu erfüllen gehabt. Diese hätten sich in der nachvertraglichen Pflicht, sich im Hinblick auf die Rechtsgüter des Vertragspartners sorgfältig zu verhalten, fortgesetzt. Danach wäre die beklagte Partei verpflichtet gewesen, die ihr Geschäftslokal verlassenden Kunden vor den im Gehsteigbereich drohenden und bei Anwendung gebotener Sorgfalt erkennbaren Gefahren durch zumutbare Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu schützen. Vor diesem Hintergrund hätte der (verstellbare) Einlegeboden des Verkaufsständers ohne weiteres tiefer angebracht werden können, um den Schwerpunkt des mit Waren beladenen Ständers weiter nach unten zu verlegen. Ferner hätte der Ständer gegen ein Umstürzen auch noch zusätzlich gesichert werden können. Nicht vorhersehbar sei zwar das auf der Straße begangene Messerattentat mit nachfolgendem Handgemenge gewesen, das Umfallen und splitternde Zerbrechen des Ständers sei jedoch nicht durch die mit dem Handgemenge typischerweise verknüpfte Gewalteinwirkung verursacht worden, sondern es habe sich diese Gefahr wegen der speziellen Beladung und Konstruktion der „Verkaufsschütte“ bereits als Folge eines Stoßes verwirklicht. Demnach sei das schädigende Ereignis auch nicht auf eine – die Haftung ausschließende – außergewöhnliche Verkettung von Umständen nach Kriterien der allgemeinen Lebenserfahrung zurückzuführen.