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Haftung für Spielverluste bei Mitbetrieb einer Glücksspiel-Website

 
 

Im Mitbetrieb einer für verbotene Ausspielungen genutzten Website liegt eine unmittelbare Beteiligung an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels, die eine Haftung für die vom Spieler erlittenen Verluste begründet, auch wenn die Mitbetreiberin selbst nicht Vertragspartnerin für die getätigten Spiele wird.

Der Kläger registrierte sich auf einer von der Erstbeklagten gemeinsam mit der Zweitbeklagten betriebenen Website, um dort zu privaten Zwecken an Online-Glücksspielen teilzunehmen. Dazu gab er seine persönlichen Daten bekannt und akzeptierte die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten. Laut diesen AGB war die Erstbeklagte seine Vertragspartnerin in Bezug auf Sportwetten sowie virtuelle Wetten, die Zweitbeklagte seine Vertragspartnerin in Bezug auf Casino-Spiele und Poker. Um die auf der Website angebotenen Spiele zu spielen, tätigte der Kläger regelmäßige Geldeinzahlungen. Das Verfahren gegen die Zweitbeklagte ist wegen eines anhängigen Insolvenzverfahrens unterbrochen.

Der Kläger begehrt von der Erstbeklagten Schadenersatz für seine bei Casino-Spielen und Poker erlittenen Spielverluste.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten statt.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Der bloße Mitbetrieb der „Homepage“ erfülle noch nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Mitwirkungshandlung im Sinn des § 2 Absatz 1 Ziffer 1 Glücksspielgesetz.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Aus der Tatsache, dass sich die beiden Beklagten einen Webauftritt teilten, ist zu schließen, dass sie offenkundig auf wechselseitige Synergieeffekte setzten, wobei aus den Feststellungen hervorgeht, dass sich der Kläger „einfach und schnell“ nur einmal auf der Website registrieren musste, um das gesamte dort abrufbare Spielangebot (also auch das der Erstbeklagten) nutzen zu können. Mit den getätigten regelmäßigen Geldeinzahlungen hätte der Kläger sämtliche auf der Website angebotenen Spiele spielen können. Die Erstbeklagte ist daher mit einem Lokalbetreiber zu vergleichen, der sich durch das Aufstellen von Glücksspielgeräten in seinem Lokal eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft. Die Erstbeklagte hat sich durch den Mitbetrieb der von der Zweitbeklagten für ihre Ausspielungen genutzten Website an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels durch die Zweitbeklagte im Sinn eines Zugänglichmachens unmittelbar beteiligt.

Damit hat das Erstgericht – im Gegensatz zum Berufungsgericht – zutreffend einen relevanten Beitrag der Erstbeklagten zu den verbotenen Ausspielungen der Zweitbeklagten und einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das – auch die Vermögensinteressen der einzelnen Spieler schützende – Glücksspielmonopol des Bundes bejaht, der die deliktische Haftung der Erstbeklagten nach § 1301 ABGB für die Spielverluste des Klägers begründet.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/haftung-fuer-spielverluste-bei-mitbetrieb-einer-gluecksspiel-website/)

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