Handzeichen beim Testament in Form eines Notariatsakts
Ein Erblasser, der keine Unterschrift mehr leisten, aber sehr wohl noch ein Handzeichen setzen kann, muss dies bei sonstigem Verstoß gegen § 68 Abs 1 lit g NO auch tun.
Der bei Testamentserrichtung schwer kranke, aber testierfähige Erblasser war aufgrund einer Lähmung (der rechten Hand) nicht in der Lage, seine Unterschrift zu leisten. Er hätte aber (mit der linken Hand) zumindest eine Paraphe oder drei Kreuze beifügen können. Dennoch teilte er dem Notar aus nicht feststellbaren Gründen mit, auch ein Handzeichen nicht setzen zu können. Der Notar errichtete daraufhin das Testament ohne eine Unterschrift oder ein Handzeichen des Erblassers, aber unter Einhaltung jener Formvorschriften, die für die Errichtung eines Notariatsakts durch eine Person, die auch ein Handzeichen nicht setzen kann, vorgesehen sind.
Das Erstgericht ging von der Ungültigkeit des notariellen Testaments aus, weil die Formvorschrift des § 68 Abs 1 lit g NO nicht eingehalten worden sei.
Das Rekursgericht qualifizierte die Verfügung hingegen als formwirksam. Dem Erblasser sei die Setzung eines Handzeichens aufgrund seiner schweren Erkrankung und des Umstands, dass er Rechtshänder gewesen sei, der mit der linken Hand „nichts machen“ habe können, zwar möglich, aber nicht zumutbar gewesen.
Der Oberste Gerichtshof stellte die Entscheidung des Erstgerichts wieder her.
Schreibunfähigkeit liegt nicht erst dann vor, wenn eine Unterschrift schlechthin unmöglich ist, sondern schon dann, wenn dem Erblasser eine Unterschrift nur unter solcher Anstrengung möglich wäre, dass es ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann. Im Hinblick auf den von § 68 Abs 1 NO explizit angedrohten Solennitätsverlust und die nur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnete Möglichkeit, an Stelle der Unterschrift ein Handzeichen zu setzen bzw auch auf dieses zu verzichten, besteht keine „Wahlfreiheit“ des Erblassers, ob er eine Unterschrift leistet, ein Handzeichen setzt oder auch auf dieses verzichtet werden kann. Der eindeutige Wortlaut des § 68 Abs 1 lit g NO stellt auf das (objektive) Vorliegen von Schreibunfähigkeit bzw die Unfähigkeit, auch nur ein Handzeichen zu setzen, und nicht auf die Angaben der Partei gegenüber dem Notar ab. Mangels ausreichender Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass dem Erblasser auch die Setzung eines an sich möglichen Handzeichens unzumutbar gewesen wäre, ist das notarielle Testament aufgrund eines Verstoßes gegen § 68 Abs 1 lit g NO formunwirksam.