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Hausverbot für den Ehemann einer Pflegeheimbewohnerin

 
 

Die Einschränkung des Persönlichkeitsrechts eines Pflegeheimbewohners auf Kontakt mit seinen Familienangehörigen im Weg eines Hausverbots kommt zwar in Ausübung des Hausrechts grundsätzlich in Betracht, erfordert aber eine umfassende Interessenabwägung.

Aufgrund des Verhaltens des Ehemanns der seit mehreren Jahren im Pflegewohnheim der Beklagten untergebrachten Klägerin (wiederholte Beschimpfungen des Pflegepersonals, laufende Überschreitung der Besuchszeiten, teilweise Missachtung der COVID-bedingten Tragepflicht eines Mund-Nasen-Schutzes, Versetzen eines „Schlags“ auf die Schulter einer Pflegekraft) verhängte die beklagte Pflegewohnheimbetreiberin gegen diesen ein Hausverbot, das abhängig vom Gesundheitszustand der Klägerin lediglich einen Besuch von maximal 90 Minuten in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 9 und 12 Uhr im Foyer des Pflegeheims nach telefonischer Voranmeldung zuließ.

Das Rekursgericht erachtete das verhängte Hausverbot als (überschießenden) Eingriff in das Kontaktrecht der Klägerin und gebot der Beklagten im Sicherungsverfahren, den persönlichen Kontakt zwischen den Eheleuten innerhalb der im Pflegewohnheim für die Angehörigen geltenden Besuchszeiten im Ausmaß von 1 ½ Stunden vormittags und 2 ½ Stunden nachmittags ua auch im Zimmer der Klägerin zu dulden.

Der Oberste Gerichtshof billigte die vom Rekursgericht vorgenommene Interessensabwägung und wies den dagegen von der Beklagten erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zurück.

Er betonte, dass die Beklagte im Rahmen ihres Hausrechts Dritten das Betreten ihrer Anlage zwar grundsätzlich verbieten könne, der Klägerin aber ein damit in Widerstreit stehendes, auch von Dritten zu respektierendes Persönlichkeitsrecht auf Kontakt mit ihrem Ehemann zustehe. Besteht – wie hier aufgrund der Heimunterbringung und des schlechten Gesundheitszustands der Klägerin – nicht die Möglichkeit eines Kontakts außerhalb der Räumlichkeiten der Beklagten, hat bei der Prüfung des Bestehens und des Umfangs einer Unterlassungs- bzw. Duldungsverpflichtung eine Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin an der Ausübung des Kontaktrechts und den berechtigten Interessen der beklagten Pflegewohnheimbetreiberin (wie etwa Schutz des Hausrechts, Fürsorgepflicht als Dienstgeber gegenüber dem Pflegepersonal, Erfüllung ihrer Betreuungs- und sonstigen Schutzpflichten auch gegenüber den anderen Bewohnern) zu erfolgen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/hausverbot-fuer-den-ehemann-einer-pflegeheimbewohnerin/)

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