Heimaufenthaltsgesetz – Freiheitsbeschränkung durch Einsatz eines Rollstuhls mit Sitzgurt
Das Einsetzen eines Rollstuhls – verbunden mit dem unverzichtbaren Anbringen eines Sitzgurts –, um dem Bewohner die Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen, schränkt dessen Bewegungsfähigkeit nicht ein.
Die Bewohnerin ist zu auf Ortsveränderungen gerichtete Bewegungen im Sinne einer Fortbewegung nicht in der Lage. Sie kann nur mittels Rollstuhl bewegt werden. Wenn sie im Rollstuhl sitzt, besteht die Gefahr, dass sie aufgrund unwillkürlicher Bewegungen aus dem Rollstuhl fällt, weshalb sie mit Sitzgurt fixiert wird. Der Einsatz des Rollstuhls samt Sitzgurt erfolgt, um der Bewohnerin die Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen. Die gänzliche Unmöglichkeit, einen Fortbewegungswillen zu fassen, steht nicht fest.
Die Bewohnerin beantragte unter anderem die Überprüfung der Maßnahme des Hinderns am Verlassen des Rollstuhls mittels Sitzgurt.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Da der Bewohnerin die Möglichkeit zur willkürlichen körperlichen Fortbewegung fehle, sei die Maßnahme nicht als Freiheitsbeschränkung im Sinne des Heimaufenthaltsgesetzes anzusehen.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis.
Keine Freiheitsbeschränkung im Sinn des Heimaufenthaltsgesetzes kann nur an jemandem vorgenommen werden, dem die Fortbewegungsfähigkeit völlig fehlt und der auch keinen Fortbewegungswillen bilden kann. Auf die Unwahrscheinlichkeit der Äußerung eines Fortbewegungswillens kommt es nicht an, vielmehr steht die nicht völlig ausgeschlossene Möglichkeit dazu einer solchen Annahme entgegen.
Wenn sich der Bewohner ohne den Rollstuhl überhaupt nicht fortbewegen kann, das Anbringen eines Sitzgurtes nur dazu dient, einen drohenden Sturz zu verhindern und die Maßnahme dazu eingesetzt wird, den Bewegungs- und Handlungsspielraum, insbesondere durch das Ermöglichen der Teilnahme am sozialen Leben, zu vergrößern, dann liegt keine Freiheitsbeschränkung im Sinn des Heimaufenthaltsgesetzes vor.
Weiters wird in der Entscheidung noch dazu Stellung genommen, dass das Auflegen von Sandkissen auf die Hände, um das Aufkratzen der Haut zu verhindern, eine Freiheitsbeschränkung darstellt, nicht jedoch das Anziehen von Stoffhandschuhen.