Honoraranspruch des Rechtsanwalts für außergerichtliche Vertretungsleistungen
Auf den Honoraranspruch des Rechtsanwalts für außergerichtliche Vertretungsleistungen ist die (werkvertragliche) gesetzliche Regelung über den Kostenvoranschlag ohne Gewährleistung sinngemäß anzuwenden.
Die spätere Beklagte hatte Bedarf an anwaltlichen Vertretungsleistungen im Zusammenhang mit einer ihr zugewandten Erbschaft. Es ging vornehmlich darum, die Aktiva der Verlassenschaft (vor allem Ansprüche aus Lebensversicherungen) einbringlich zu machen, um damit die auf einer zum Nachlass gehörenden Liegenschaft lastenden Bankverbindlichkeiten abzudecken; dabei sollte auch die Bank veranlasst werden, für einige Zeit von der Betreibung ihrer Forderungen Abstand zu nehmen. Nachdem die Erbin erklärt hatte, sie könne als Studentin kein hohes Honorar zahlen, gab der Rechtsanwalt nach Abschätzung der für ihn zu erwartenden Zeitdauer bekannt, dass sein Honorar voraussichtlich zwischen € 2.000 und 3.000 liegen werde, worauf ihn die Erbin mit der Abwicklung beauftragte. Obwohl sich der vom Rechtsanwalt ursprünglich abgeschätzte Arbeitsaufwand nicht erhöhte, erhob er Honorarforderungen von mehr als € 20.000. Als die Mandantin daraufhin das Vertragsverhältnis beendete, legte er die Honorarnote über einen Betrag von mehr als € 29.000, die er schließlich auch einklagte.
Der Oberste Gerichtshof vertrat die Rechtsansicht, es liege zwar kein Werkvertrag, sondern vielmehr ein Geschäftsbesorgungsvertrag (Auftragsvertrag) vor. Wegen der vergleichbaren Interessenlage der Vertragsparteien sei aber die Bestimmung des § 1170a Abs 2 ABGB über den Kostenvoranschlag ohne Gewährleistung auch für eine solche „Kostenschätzung“ eines Rechtsanwalts heranzuziehen. Ein Rechtsanwalt sei regelmäßig in der Lage, (innerhalb einer gewissen Bandbreite) abzuschätzen, welchen Aufwand die Erfüllung des Vertrags mit sich bringen wird, wogegen dies auf seinen Auftraggeber – insbesondere wenn er Verbraucher ist – typischerweise nicht zutreffe. Dieser vertraue vielmehr darauf, dass ein Rechtsanwalt, der eine solche Kostenschätzung abgibt, dafür auch ausreichende Grundlagen hat, widrigenfalls er sie ja nicht abgeben würde.
Auch die Berufung des Rechtsanwalts darauf, dass ein marktgerechtes Entgelt für seine Forderungen erheblich höher wäre als € 3.000 und seine Honorarschätzung wegen Verkürzung über die Hälfte (§ 934 ABGB) unwirksam sein müsse, blieb erfolglos. Durch diese Regelung werde nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs derjenige (professionelle) Vertragspartner nicht geschützt, der den von ihm zu erbringenden Aufwand abschätzen könne, dennoch aber ein allenfalls besonderes niedriges Entgelt vereinbare.
Der Oberste Gerichtshof gelangte somit zur Ergebnis, dass dem Rechtsanwalt kein höheres Honorar zusteht als ein Betrag von € 3.000. Auch diese Summe wurde ihm letztlich aber nicht zugesprochen, weil er seiner Klientin aufgrund ungeschickten Vorgehens bei seiner Vertretung einen Schaden zugefügt hatte, der diesen Betrag übersteigt.